Melbourne – Charles Leclerc sprang seinen Mechanikern jubelnd in die Arme, während Max Verstappen schon lange zuvor gefrustet aus seinem brennenden Red Bull ausgestiegen war. Mit einem ungefährdeten Start-Ziel-Sieg in Australien hat der Ferrari-Pilot seine Führung in der Formel-1-WM souverän ausgebaut und den Druck auf den glücklosen Weltmeister erhöht. Am Sonntag reichte Leclerc in Melbourne eine kontrollierte Fahrt zum zweiten Saisonsieg, der ihn nach drei Rennen in der Gesamtwertung bereits 46 Zähler vor den Niederländer bringt.
„Was für ein Auto! Das war der erste Sieg, bei dem wir den Abstand kontrollierten konnten. Das Auto hat sich super angefühlt, ich bin einfach so glücklich“, sagte Leclerc. Der 24-Jährige konnte sich bis zu Verstappens Ausfall in der 39. Runde gekonnt gegen die Angriffe des Niederländers verteidigen. Wie schon zum Auftakt in Bahrain blieb Verstappen auf Position zwei liegend mit einem Defekt stehen.
„Zwei Ausfälle sind natürlich unglaublich“, sagte Verstappen. „Wir haben viele Punkte verloren. Das ist wieder ein schlechter Sonntag.“ In den vergangenen Jahren sei er mit der Zuverlässigkeit des Autos immer zufrieden gewesen, „jetzt ist es eine Katastrophe“, schimpfte Verstappen: „Wenn man um eine Meisterschaft kämpft, kannst du nicht schon zwei Ausfälle haben.“
Der Titelverteidiger musste seinen am Heck qualmenden Wagen stehen lassen, nachdem Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko zufolge „massiv Benzin“ ausgetreten war. „Vor uns stehen schwierige Zeiten“, räumte der Österreicher ein. „Das sind kräftige Schmerzen.“
Hinter Leclerc, der früh vom ersten WM-Titel seiner Karriere träumen darf, kam Sergio Perez aus Mexiko im zweiten Red Bull auf Position zwei. Der Brite George Russell erkämpfte im Mercedes den dritten Platz. „Es wäre ein Doppel-Podium drin gewesen. Wir hatten Pech in den ersten Rennen“, sagte Verstappens Teamkollege Perez.
Ex-Weltmeister Sebastian Vettel kam nach seiner Corona-Zwangspause im Aston Martin nicht ins Ziel. Nach einem selbst verschuldeten Unfall war Schluss, als Vorsichtsmaßnahme wurde er im Streckenhospital durchgecheckt. Mick Schumacher scheiterte im Haas erneut beim Versuch, erstmals Punkte zu holen und wurde 13.
Bei der Rückkehr nach Australien nach zwei Jahren Corona-Pause verteidigte Leclerc seine Pole Position beim Start souverän. Sein spanischer Teamkollege Carlos Sainz, der als WM-Zweiter angereist war, verlor hingegen erst zehn Positionen und schied schon in der zweiten Runde nach einem übermütigen Überholmanöver aus. Sainz rutschte von der Strecke und hatte Glück, dabei kein anderes Auto mitzunehmen. Vor allem der Wagen von Schumacher war gefährlich nah.
Im ausverkauften Albert Park vor mehr als 120 000 Zuschauern gelang es Leclerc auch beim Neustart nach der ersten Safety-Car-Phase, den ersten Platz zu verteidigen. Dahinter hielt Verstappen den Kontakt, der drittplatzierte Lewis Hamilton verlor schnell wieder an Boden. Hamiltons Mercedes-Team hat in der ersten Saisonphase weiterhin Probleme, ein konkurrenzfähiges Auto bereitzustellen. Der Konstrukteurs-Weltmeister der vergangenen Jahr ist derzeit nicht in der Lage, so zu dominieren wie in den Jahren zuvor.
Weiter weg von der Spitze als erhofft war auch Vettel. Nach seiner überstandenen Coronavirus-Infektion ging der 34-Jährige nur von Position 17 in seinen ersten Grand Prix der Saison. Der Hesse musste in Bahrain und Saudi-Arabien pausieren, in Australien erlebte er bereits vor dem Rennen schwierige Tage. Am Sonntag zog Vettel nach einem frühen Boxenstopp von Schumacher an seinem deutschen Landsmann vorbei auf Position 17, in Runde 24 war dann aber alles vorbei. Der Heppenheimer verlor nach einem Fahrfehler die Kontrolle und krachte in die Streckenbegrenzung.
Leclerc baute seine Führung derweil Runde um Runde aus, die beiden Red Bull dahinter, angeführt von Verstappen, konnten nichts ausrichten und entschieden sich für ein taktisches Manöver. Mit einem frühen Boxenstopp und dem Wechsel auf harte Reifen erhöhte der Weltmeister den Druck auf Leclerc. Der ließ sich aber nicht beeindrucken und hielt die Spitze, ehe nach Vettels Crash erneut das Safety Car auf die Strecke musste.
Beim zweiten Neustart kam Verstappen dem Ferrari-Rivalen gefährlich nah und war am Ende der Zielgeraden direkt neben Leclerc. Dieser konnte die Führung aber dank des enorm starken Ferrasri-Motors verteidigen und zog wieder davon, bis Verstappen in der 39. Runde frustriert aus seinem qualmenden Wagen steigen musste. Leclerc fuhr souverän zu seinem vierten Karrieresieg. dpa