München – Objektiv gesehen hat sich die Lage des Münchner Gegners Düsseldorfer EG im ersten Viertelfinalspiel verschlechtert. Die Mannschaft ist personell ausgedünnt, „wir haben mit fünf Verteidigern begonnen und mit vier aufgehört“, so Trainer Harold Kreis. Ohnehin hat sein Team drei Playoff-Qualifikations-Matches binnen vier Tagen zusätzlich in den Körpern stecken. Und am Sonntag in München wurde trotz einer Klasseleistung halt doch verloren – 2:4. Jedoch: „Das macht gar nichts“, meinte forsch DEG-Verteidiger Luca Zitterbart (23), der zu seinen Münchner Zeiten (2019 bis 21) lediglich Ergänzungsspieler war, nun aber ein sagenhaftes Pensum von 24 Minuten abriss und sogar ein Tor erzielte. Und auch Harold Kreis ließ in seiner Stimme keinen Zweifel zu: „Wir sind gut in die Serie gestartet, haben vieles richtig gemacht. Unser Kader hat viel investiert und wird es auch weiter tun.“ Am Dienstag (19.30 Uhr) wird der Puck zu Spiel der zwei der Best-of-Five-Serie in Düsseldorf eingeworfen.
Hat die DEG, Hauptrunden-Neunter, am 1. April in einem Punktspiel zu Hause vom EHC München mit 0:6 vorgeführt, eine Chance, die Serie zu drehen? Oder sind die Ansagen nur der übliche Eishockey-Sprech?
Don Jackson, der Trainer des EHC München, findet, sein Sport habe grundsätzlich ein höheres Überraschungs-Potenzial als der Fußball. Er verweist auf „europäische Fußballspiele, da kommt es häufig vor, dass die überlegene Mannschaft 70 Prozent Spielanteile hat. Bei uns ist es ausgeglichen: Laut den Analysten verbringt man im Eishockey gleich viel Zeit in Offensiv- und Defensivzone.“ Im ersten Viertelfinale gegen Düsseldorf lag die Verteilung bei 55:45. Auch von den Torschüssen her hatte das Spitzen- gegen das Mittelklasse-Team mit 39:27 keine Fußball-Überlegenheit.
Was das Eishockey aber vor allem prägt, ist die nordamerikanische Mentalität: Man spielt, um zu gewinnen – ungeachtet der Ausgangsposition. Der Veteran Jackson (65) ist vor den Playoffs ein bisschen ins Plaudern gekommen, hat erzählt, wie er in den 90er-Jahren Assistenztrainer beim berühmten NHL-Club Pittsburgh Penguins war: „Um dem Bankrott zu entgehen, hatten wir eine Budgetkürzung um 40 Prozent.“ Entsprechend schwächer war die Mannschaft personell besetzt, „doch als Ziel wurde von allen ausgegeben: Wir wollen den Stanley Cup gewinnen.“ Klappte zwar nicht, „doch wir waren in der Saison das viertbeste Team der gesamten Liga“. Don Jackson sagt, aus dieser Zeit stamme seine Trainer-Philosophie. Kollege Kreis (63) teilt sie: Er war als Spieler Meister mit Mannheim, als Cheftrainer mit Lugano und Zürich in der Schweiz.
Erfahrung gegen Erfahrung also auf den Trainerbänken. 2012 gab es Jackson (Berlin) gegen Kreis (Mannheim) schon mal als hochdramatisches DEL-Finale über die damalige Volldistanz von fünf Spielen – mit Jackson als Sieger.
„Harry hat eine heiße Mannschaft nach München gebracht“, resümierte Don Jackson nach dem 4:2-Sieg am Sonntag. Er musste eingestehen, dass sein Team sich nach „einer Woche nur Training“ schwer tat mit den Düsseldorfern, die aus dem Rhythmus von entscheidenden Pre-Playoff-Spielen kamen. „Wir haben das Momentum noch auf unsere Seite gebracht“, resümierte Jackson, „aber für Spiel zwei müssen wir wirklich, wirklich bereit sein.“