Kiel – Bundestrainer Alfred Gislason winkte ins Publikum, der bärenstarke Torhüter Andreas Wolff grinste auf der Ehrenrunde breit. Deutschlands Handballer können für die WM planen und genossen nach dem 34:26 (17:11) im Hinspiel der Play-offs gegen die Färöer die Standing Ovations der Fans sichtlich.
„Das Ergebnis ist nicht schlecht. Wir haben in der Abwehr nicht immer den Zugriff bekommen. Insgesamt können wir darauf aber aufbauen“, sagte Gislason. Seine Mannschaft hat nun beste Chancen auf die Qualifikation für das Turnier im Januar 2023 in Polen und Schweden. Restlos zufrieden waren aber auch die Spieler nicht: „Wir haben zu viele einfache Tore zugelassen“, kritisierte Spielmacher Luca Witzke.
Beste deutsche Torschützen vor 5121 Zuschauern in Kiel waren Lukas Zerbe, Kai Häfner, Witzke und Marcel Schiller mit je fünf Treffern. Zudem überzeugte Wolff mit zahlreichen Paraden. Die Entscheidung fällt beim Rückspiel am Samstag (20.00 Uhr/zdf.de) in Torshavn.
Zwar zeigten sich Kapitän Johannes Golla und Co. in der Abwehr nicht immer sattelfest und agierten im Angriff mitunter zu umständlich, doch Wolff gab seinem umformierten und verjüngten Team enorm viel Sicherheit. Auch dank der teils spektakulären Paraden des Europameisters von 2016 führte Deutschland von der ersten Minute an – und baute den Vorsprung kontinuierlich aus. Während es Wolff allein im ersten Abschnitt auf zehn gehaltene Bälle brachte, trugen sich bis zur Pause neun verschiedene Spieler in die Torschützenliste ein. Dennoch war DHB-Sportvorstand Axel Kromer mit dem Auftritt der DHB-Auswahl nur bedingt glücklich. „Sechs Tore zur Pause bei einer WM-Quali – damit sind wir zufrieden“, sagte Kromer in der Halbzeit: „Nicht gut war unsere Abwehrleistung. Wir können froh sein, dass Andreas Wolff so gut gehalten hat.“
Pluspunkte sammelte auf der Spielmacherposition Witzke. Der 23 Jahre alte Leipziger glänzte nicht nur als präziser Vorlagengeber, sondern strahlte auch immer wieder Torgefahr aus. Auch Youngster Juri Knorr, der noch bei der EM im Januar nicht berücksichtigt worden war, konnte nach seiner Einwechslung Akzente setzen und überzeugte mit seiner enormen Zweikampfstärke. Auch weil die deutsche Mannschaft hinten nun mehr Zugriff bekam, entspannten sich die Gesichtszüge bei Gislason zusehends. Der Isländer, der den THW Kiel in seinen elf Jahren an der Förde bis 2019 zu 20 (!) Titeln geführt hatte, feierte jede gelungene Aktion mit geballten Fäusten. So hatte er sich die Rückkehr in seine langjährige sportliche Heimat vorgestellt.
Neben dem fast sicheren WM-Ticket hat der deutliche Erfolg einen weiteren Vorteil: Gislason kann das Rückspiel am Samstag in Torshavn als weiteres Testspiel unter Wettbewerbsbedingungen für seine international noch recht unerfahrene Mannschaft nutzen. sid