Girona – Für seine Videobotschaft mit den schlechten Nachrichten hatte Jan Frodeno sogar noch einen kleinen Scherz parat. „Update zu meinem ersten Rennen. Weil keiner danach fragt“, schrieb er zu den Bewegtbildern vom Beifahrersitz eines fahrenden Autos. Was folgte, war ernüchternd: Kein Start bei der Ironman-Weltmeisterschaft im kommenden Monat in St. George.
Zum zweiten Mal nach 2018 verpasst Frodeno den Showdown um die Krone über 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen. Bei dem 40 Jahre alten dreimaligen Ironman-Champion wurde kürzlich der Teilriss an der Achillessehne diagnostiziert. „Jetzt ist es an der Zeit, auf Nummer sicher zu gehen“, betonte Frodeno.
Und das heißt für den Triathlon-Star kein Rennen am 7. Mai. Im US-Bundesstaat Utah wird dann die WM von 2021 von Hawaii nachgeholt. Auf Big Island war in den vergangenen beiden Jahren durch die Corona-Pandemie die Weltmeisterschaft jeweils abgesagt worden. Frodeno weiß genau, dass er mit seinen 40 Jahren nicht mehr allzu viele Gelegenheiten bekommen wird – die biologische Uhr tickt. „Mein Plan war, noch ein, zwei Jahre Titel zu sammeln. Danach ist wohl Schluss“, hatte er in der Mai-Ausgabe des Playboy gesagt. Nun ist kurz vor dem angedachten Karrierende Ruhe angesagt.
„Wenn du einen Teilriss hast, gibt es immer das Risiko, dass noch mehr passiert. Deshalb habe ich entschieden, erstmal clever und zurückhaltend zu sein“, sagte der Athlet des LAZ Saarbrücken. Sein neues Ziel sei nun die reguläre WM-Ausgabe am 8. Oktober.
„Für mich ist Hawaii immer noch das höchste der Gefühle“, sagte Frodeno. Im Triathlon-Sehnsuchtsort will dann auch Patrick Lange wieder dabei sein. Der Champion von 2017 und 2018 muss auch in Utah passen, er hatte sich im Trainingslager auf den Kanaren bei einem Radunfall eine Schulterverletzung zugezogen. Bei den Frauen wird die dreimalige Hawaii-Zweite Lucy Charles-Barclay wegen einer Stressfraktur in der Hüfte fehlen.
Wegen Hüftproblemen hatte Frodeno 2018 passen müssen auf Hawaii. Im Jahr zuvor hatte er sich mit Rückenbeschwerden abgeschlagen ins Ziel gequält. Doch nicht nur die Erfahrungen mit solchen Rückschlagen lassen den gebürtigen Rheinländer, der mit seiner Familie im spanischen Girona lebt, mit der aktuellen Situation besser klarkommen. „Die letzten zwei Jahre waren ja auch immer wieder von Absagen geprägt“, sagte er mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie: „Von daher ist es inzwischen vielleicht nicht mehr ein ganz so tiefes emotionales Tal.“
Hinzu komme die Erkenntnis, dass es überhaupt nichts bringe, sich in ein tiefes Loch zu stürzen, sondern zu schauen, was man daraus machen könne. Eine Einstellung, die er selbst auch erst lernen musste, „weil ich dann zu sehr in meinem Selbstmitleid hing“, sagte er rückblickend.
Seit seinem Comeback nach der verpassten WM 2018 ist Frodeno ungeschlagen. Er überbrückte die Corona-Zeit unter anderem mit einem Solo-Rennen in den eigenen vier Wänden – Pool, Rollentrainer, Laufband – über die Ironman-Distanz. dpa/sid