München – Monika Staab hat schon viel erlebt in ihrem Leben mit dem Fußball. Viermal führte die ehemalige Spielerin (u.a. Kickers Offenbach und Paris Saint-Germain) den 1. FFC Frankfurt als Trainerin zur Deutschen Meisterschaft, fünfmal holte sie den DFB-Pokal, 2002 sogar den UEFA Cup der Frauen. Nun, zwanzig Jahre später, findet sich die 63-Jährige noch immer an der Seitenlinie wieder. Jedoch einige Tausend Kilometer weiter südöstlich.
Ihr aktueller Arbeitgeber: Der Saudi-Arabische Fußballverband (SAFF). Dort füllt Staab gleich drei Positionen in einem aus: Nationaltrainerin, Jugendkoordinatorin und Trainerausbilderin. Wie sie dazu kam? „Seit 2007 bin ich im Weltfußball unterwegs, war in 85 Ländern tätig“, erzählt Staab unserer Zeitung. „Unter anderem in Bahrain, Afghanistan, im Iran, in Kuwait. Alles total faszinierende Länder und noch viel wichtiger: Ich hatte immer Spaß an der Arbeit. Und weil ich die arabische Welt immer besser kannte, war 2021 irgendwann auch Saudi-Arabien an der Reihe.“
Das Land steht wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Muss sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, Frauen, Homosexuelle und Andersdenkende würden unterdrückt. So ist Frauen erst seit 2018 der Stadionbesuch gestattet. Aber auch, wenn sich die Begeisterung in Staabs Umfeld in Grenzen hielt: Sie war angetan: „Mein unmittelbarer Freundeskreis ist nicht in Jubelstürme ausgebrochen. Aber sie wissen, dass ich das Abenteuer liebe. Sie wissen, dass ich etwas entwickeln und aufbauen kann. Ich möchte Funken geben, damit die Menschen hier ein Feuer entfachen können.“
Als Brandbeschleuniger dienen ihr nicht zuletzt die hervorragenden Voraussetzungen. Einerseits natürlich, weil die finanziellen Mittel da sind im Königreich. „Man merkt den Menschen aber auch an, wie fußballbegeistert sie sind. Die leben diesen Sport – Männer, Frauen, alle. Fußball ist wirklich Teil ihres Lebens und auch das Standing von Frauen in der Gesellschaft verbessert sich stetig.“
Zu politischen Themen will sich Staab nicht äußern. Darum kümmere sie sich nicht. Sie leistet ihren Beitrag im Land lieber auf dem Platz. Dort versteht sie sich als Pionierin ihres Sports, orientiert sich am Werk des ehemaligen Trainers des FC Bayern, Dettmar Cramer, der über viele Jahrzehnte als Entwicklungshelfer im Weltfußball unterwegs war. Das Projekt, Frauenfußball in Saudi-Arabien aufzubauen, ging Staab deshalb so professionell wie möglich an. Sie richtete Sichtungstrainings in Riad, Jiddah und Dammam aus; drei große Städte quer über den Wüstenstaat verteilt. Damit nicht genug. „Wettbewerb ist das A und O“, fand sie und stampfte kurzerhand eine Frauenfußball-Liga aus dem Boden, die Ende 2021 an den Start ging und auch in diesem Jahr wieder ausgetragen werden soll.
Die ersten beiden Länderspiele gegen die Seychellen und die Malediven gewannen die Araberinnen jeweils mit 2:0. Fehlen noch drei, um auch offiziell in der FIFA-Weltrangliste geführt zu werden. „Das ist unser großes Ziel, deshalb werden wir in diesem Jahr ganz sicher noch mindestens drei Länderspiele bestreiten.“ Und danach? „Schauen wir mal“, schmunzelt Staab. „Aber so wie jetzt kann es auf jeden Fall weitergehen.“
JACOB ALSCHNER