„Ich will, dass man ihn nicht vergisst“

von Redaktion

Senna, Ratzenberger und Villeneuve – Erinnerungen an alte Helden und neues Leben

Imola – In Imola kommen wieder die Erinnerungen hoch. An 1994, das tragische Wochenende. Als in der Formel 1 die Sonne vom Himmel fiel. Samstag der Tod von Roland Ratzenberger. Er kam unerwartet, brutal, gnadenlos. Fassungslosigkeit wechselte sich mit Ungläubigkeit ab. Und der große Ayrton Senna weinte abends im Hotel Cristallo, wo er immer im gleichen Zimmer wohnte, als er in der Bibel las. Einen Tag später weinte die Welt um ihn. Bei der Beerdigung säumten drei Millionen Paulista die Straße, auf der Senna zum Friedhof Morumbi gefahren wurde. Alle winkten, alle weinten.

Wegen Senna und Ratzenberger ist auch 28 Jahre später der Gang zur Tamburello-Kurve Pflicht. Dort, wo Senna nach einem heftigen Aufprall leblos in seinem Auto saß. Dort, wo sich seine Seele mit einer letzten leichten Bewegung seines Kopfes vom Körper verabschiedete. Am Zaun hängt das Foto von Senna. Senna ist von hinten fotografiert, er hält den Helm in seiner rechten Hand und geht einfach weg. Das Bild ist wahrhaftig Poesie.

Beim Denkmal gegenüber hängen frische Fahnen, frische Blumen neben unzähligen verblichenen T-Shirts mit Widmungen, die Senna-Anhänger im Laufe der Jahre dort ihm zur Ehre hinterlassen haben. Auch eine österreichische Ratzenberger-Flagge hängt da, mit einem Strauß roter Rosen. „Von Deiner Familie“, steht darauf. Vater Rudolf Ratzenberger hatte sie kurz vorher angebracht. Der Mann, heute 89, ist seinem Sohn zu Ehren nach Imola gefahren. Er trägt die Originaljacke des Simtek-Teams, in dessen Auto der Sohn in Imola sein Leben verlor, als bei 300 Stundenkilometer der Frontspoiler des Wagens brach. „Ich will, dass man ihn nicht vergisst“, erzählt der Vater.

Imola in diesem Jahr ist aber nicht nur Emotion der Erinnerung, Gedanken an das Vergängliche. Sondern überraschendes neues Leben führt einem dem unvermeidbaren Kreislauf zwischen Tod und Geburt vor Augen. Obwohl es bei dem neuen Leben doch erst mal wieder um den Tod geht.

Der Kanadier Gilles Villeneuve genießt noch heute Heldenstatus in Italien. Er war das Synonym für Todesmut, Kampfgeist und totaler Fahrzeugbeherrschung. Enzo Ferrari liebte ihn wie einen Sohn und er weinte um ihn, als Villeneuve 1982 in Zolder in einem von Ferraris Rennwagen den Tod fand. Seit drei Monaten gibt es wieder einen Gilles Villeneuve. Er ist der Enkel der Rennlegende, der jüngste Sohn von Jacques Villeneuve, dem Weltmeister von 1997. Es gibt ein Bild, das den Kleinen schlafend im Arm seiner Mutter zeigt – mit roten Haaren und Babyrennschuhen in Italienfarben.

RALF BACH

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