Retter Felix Magath

Beste Geschichte der Saison

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Fünf Spiele, drei Siege, neun Punkte – und das mit einer Mannschaft, die ein Trümmerhaufen war. Was Felix Magath bei Hertha BSC bewirkt hat, wird ihn in der Trainer-des-Jahres-Wertung nicht an Christian Streich aus Freiburg oder dem Schweizer Urs Fischer bei Union Berlin vorbeiführen, liefert aber eine Geschichte, über die man sagen muss: Sie ist die beste, die diese Saison geschrieben wurde. Denn sie hat die Uhr zurückgedreht, sie befriedigt unsere nostalgischen Sehnsüchte, die der Fußball immer weiter verdrängt hat mit seiner Entwicklung der vergangenen Jahre.

Natürlich verändern sich Trainingslehre, die Prinzipien der Mannschaftsführung, die Kommunikation mit den Spielern, und einige Fußball-Lehrer erbringen mit ihrem Erfolg den Nachweis, dass man keine 50 Länderspiele gemacht haben muss und die mit 22 Jahren aufgrund eines irreparablen Knieschadens beendete Regionalliga-Karriere es nicht ausschließt, ein guter Profitrainer zu werden. Doch auch diese neue Generation bringt jede Menge Blender hervor, die reden, als stünden sie am Pult eines Uni-Hörsaals. Wie ihre Vorgänger von traditioneller Trainer-Machart fliegen auch sie nach eineinviertel bis eineinhalb Jahren raus.

Felix Magath, der sich eher entleiben würde als den Strafraum auf Trainerneudeutsch „Box“ zu nennen, hat gezeigt, dass in bestimmten Situationen das klassische Trainerhandwerk noch seine Berechtigung hat. Da wird dann eben mal ein Mannschaftsabend veranstaltet, wie es ihn zuletzt gab, als Fußballer noch eine Doppelhaushälfte mit Kellerbar hatten; da wird ein Spieler – nennen wir ihn Ishak Belfodil – mit der Wechselmethode Suspendierung – Begnadigung zur Leistungssteigerung betrieben. Ein typischer Magath-Move auch, einen älteren Spieler zu stärken und ihn zum Häuptling zu machen (Prince Boateng). Und was den Spielstil betrifft: Der gewonnene Zweikampf wird zum Kern der Wahrheit.

Die Verpflichtung von Felix Magath war so richtig, wie es nun falsch wäre, wenn eine der beiden Seiten der Versuchung nachgäbe, die Beziehung zu verlängern. Zu groß die Gefahr, dass sie sich abnutzt. Ein triumphaler Abgang Magaths würde indes den Spannungsbogen über der Saison 2022/23 ziehen: Der Altmeister, der in Grünwald in stiller Unruhe vor seiner Tasse Tee sitzt, bereit, die nächste Rettungsmission anzugehen.

Guenter.Klein@ovb.net

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