„Die jungen Leute wollen keinen Monet mehr haben“

von Redaktion

Finanzexperte Philipp Sandner klärt über digitale Innovationen in der Sportwelt auf

Prof. Dr. Philipp Sandner (42) leitet das Frankfurt Blockchain Center an der Frankfurt School. Aktuell ist Sandner zudem Mitglied des Digital Finance Forum von Finanzminister Christian Lindner. Im Interview mit unserer Zeitung erklärt der Finanzexperte, was es mit NFTs in der Sportwelt auf sich hat.

Herr Sandner, NFT und Bitcoin – was ist das überhaupt?

Ein Bitcoin ist wie ein Goldkörnchen. Es sind immer mehrere Goldkörnchen im Umlauf, die grundsätzlich alle gleich sind. Bitcoin ist eine Art Investitionsgut, wie ein digitaler Rohstoff. Daher ist die Analogie zu digitalem Gold recht gut. Bei einem NFT gibt es jeweils nur genau ein Exemplar, dieses ist also ein digitales Unikat. Viele Leute sagen: Das ist digitale Kunst. Das sehe ich nicht so. Es gibt Kunstelemente, aber im Großen und Ganzen sind NFTs derzeit überwiegend eher digitale Statussymbole.

Können Sie das genauer erklären?

Sie haben einen wunderschönen Monet, der in Frankreich in einem Museum hängt. Das Kunstwerk gibt es nur einmal, ist käuflich nicht zu erwerben und hat vielleicht einen Wert von fünf Millionen. Aber es gibt davon Kunstdrucke. Ein NFT ist wie ein Kunstdruck, der ähnlich aussieht, aber nicht identisch ist und dann nur 50 Euro kostet. NFTs stellen also zumeist nicht die originale digitale Kunst dar, sondern sind digitale Abbilder.

Auch in der Sportwelt wird das Interesse an NFTs immer größer. Spüren Sie als Experte, dass immer mehr Personen in das Feld einsteigen?

Als ich vor zehn Jahren begonnen habe, mich mit dem Thema zu beschäftigen, habe ich es nie irgendwem erzählt, weil die Leute das eh nicht ernst genommen haben. Sie dachten: Das ist doch eh nur Spuk. Inzwischen hat sich das deutlich geändert. Es gibt Zahlen aus Amerika: Das Weiße Haus hat veröffentlicht, dass es in den Staaten 40 Millionen Menschen gibt, die sich mit dem Thema Kryptowährungen beschäftigen. Also 16 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Heute hat auch jeder das iPhone in der Hand. Vor 15 Jahren konnte kaum einer was damit anfangen. Technologie braucht immer Zeit, um verstanden und genutzt zu werden. Die Sportwelt hat tatsächlich zunehmend Berührungspunkte mit NFTs. Ein bekanntes NFT-basiertes Sammelkartenspiel ist Sorare. Man kann tausende Spieler sammeln, tauschen, und ganze Teams managen.

Eine NFT-Sammelkarte von Bayern-Star Jamal Musiala wurde für 109 000 Euro verkauft. Wie entsteht der Wert für NFTs?

Es gibt die Möglichkeit, Fanartikel als digitale Unikate zu erwerben. Es ist also kein Sammelbildchen von einem Fußballer, das sich tausendfach im Umlauf befindet. Sondern ein digitales Unikat, das eine gewisse Exklusivität besitzt. Ein NFT lässt sich einem oder mehreren Besitzern eindeutig zuordnen. Der Preis ergibt sich immer aus der Nachfrage. Die Sammelkarte von Jamal Musiala befindet sich am oberen Rand der Werteverteilung. Hier kommt es natürlich immer auf die Prominenz des Fußballers an. Fans zahlen mitunter auch irrationale Preise. Für Fußballvereine ist das Feld NFTs eine gute Möglichkeit, um zusätzliches Geld mit relativ geringem Aufwand zu erlösen. Aber: Irgendwann ist jeder Markt auch gesättigt. Wir sind jetzt in der Phase, in der das alles noch funktioniert. Wenn ein Fußballverein in einem Jahr auf die Idee kommt, ganz viele schöne NFTs zu produzieren, kann es auch sein, dass sich keiner mehr dafür interessiert.

Für viele bleibt trotzdem unverständlich, warum für digitale Bilder so viel Geld bezahlt wird

Gegenfrage: Warum hat ein Bild von Claude Monet einen Wert von vier Millionen? Können Sie sich das erklären? Ich bin jetzt zynisch: Ein Kunstwerk von Monet ist ein alter Schinken, schwer zu transportieren und unpraktisch. Die jüngeren Leute wollen nun mal keinen Monet mehr haben, sondern finden Investitionen in der digitalen Welt interessanter.

Welche Gefahren lauern bei Kryptowährungen?

500 Stunden muss man erst investieren, um einen guten Überblick zu haben. Das Thema ist noch nicht im Mainstream angekommen, nimmt aber immer mehr an Dynamik auf. Bei Bitcoin gibt es deutliche Schwankungen, was den Wert betrifft. Über die Jahre gesehen ist der Wert aber immer in die Höhe gestiegen. Neben der Preisvolatilität sollte man darauf achten, das Passwort zum Freigeben von Kryptowährungen nicht zu verlieren und niemandem zu verraten. Anders als in der traditionellen Finanzwelt, kann man beim Verlust des Passworts nicht zu einer Bank laufen und ein neues Passwort anfordern.

Interview: N. Schmitz, P. Kessler

Artikel 1 von 11