München – War das frech? Kannte er die genauen Zahlen nicht? Oder hatte Michael Köllner eine Vorahnung? Von MagentaSport vor dem Spiel in Duisburg befragt, sagte der 1860-Coach scheinbar beiläufig in die Kamera: „Wir haben in dieser Saison mehr richtig als falsch gemacht, sonst könnten wir heute nicht wieder auf Platz vier springen . . .“ Zur Erinnerung: Vor der Partie lagen die Löwen drei Punkte hinter dem Vierten Osnabrück – mit einem Torverhältnis von 52:43 (plus 9) gegenüber dem deutlich besseren des VfL (53:39, plus 14). Jeder tabellenkundige Schnellrechner wusste also: Damit Köllners kecke Ansage eintreffen kann, muss 1860 mit mindestens fünf Toren Unterschied siegen. Bei einem an sich formstarken MSV, der sechs der letzten acht Spiele gewonnen hatte.
Punktlandung. Es wurde ein sensationeller 6:0-Sieg, den neben Köllner bestenfalls der Mühlhiasl, der Irlmaier Alois oder ein anderer Seher vorausgeahnt hätte. Erst zweimal zuvor war 1860 in der 3. Liga ein Sechserpack geglückt: das 6:0 gegen Freiburg in der Hinrunde und der 6:1-Sieg gegen Halle im Jahr davor. Sternstunden in der Giesinger Festung. Diesmal steht die Frage im Raum: Reicht ein graffitibeschmierter Mannschaftsbus als Erklärung dafür, dass es die Löwen auswärts derart krachen ließen? Bei Instagram schrieb der Verein nach dem Schützenfest an der Wedau: „Man sollte den Löwen nicht reizen, liebe Sprayer!“
Die Busaffäre, der Druckabfall nach der acht Tage zuvor verspielten Aufstiegschance – das und die desolate Tagesform der Zebras mag dazu beigetragen haben, dass die Löwen am Sonntag ein Offensivfeuerwerk gezündet haben. Initiator des Sieges war Kapitän Stefan Lex, der an fünf Treffern beteiligt war. Effektivster Schütze war Marcel Bär, der seine Saisontore 16 und 17 erzielte und nicht nur den Vorjahresrekord von Sascha Mölders jagt (22), sondern auch dem aktuell besten Drittligatorjäger im Nacken sitzt, Baris Atik von Meister Magdeburg (18). „Die Mannschaft hat Herz und Charakter gezeigt. Das hat mir imponiert“, staunte Köllner über die höchst effektive Form des Frustabbaus. Bär nannte als Grund für die Offensivgala: „Wir wollen Spaß haben und Spiele gewinnen. Wir haben alle noch Ziele . . .“
Bärs Ziel könnte darin bestehen, sich wie Ex-Kollege Mölders im Vorjahr die Torjägerkanone zu sichern. Die Motivation der Mannschaft ist es, Platz vier abzusichern, um auch in der kommenden Saison magische Abende im DFB-Pokal erleben zu dürfen. Bemerkenswert: Nur der am Sonntag aufgestiegene FCM hat in 33 Spielen häufiger ins Schwarze getroffen als die Löwen, die angriffslustig ins „kleine Finale“ um Platz vier gehen – mit 58 geschossenen Toren. Fun fact: Bis zum Aus von Mölders hatte Köllners Team nur 1,5 Treffer pro Partie zustande gebracht; seit die Torverantwortung auf den Schultern von Lex, Bär & Co. ruht, liegt der Schnitt bei zwei Treffern pro Spiel. Zufall? Oder Zeugnis eines geschlosseneren Auftretens?
Die Erklärung von Kapitän Lex klingt so simpel wie einleuchtend: Antrieb sei es, die 3. Liga zu verlassen, „die für diesen Verein nicht hoch genug ist“. Leider jedoch habe in der Hinrunde die Konstanz gefehlt – und am Ende in entscheidenden Spielen die Lockerheit. Das gilt es, in der neuen Saison besser zu machen – und die Balance Defensive/Offensive zu optimieren. Bereits im Vorjahr sind drei Teams aufgestiegen, die am Ende weniger Tore auf dem Konto hatten als 1860.
Bär auf den Spuren von Mölders