München – „Hier in München gibt es drei Bundesligavereine. Du kannst dir einen aussuchen, aber der FC Bayern fällt weg – das geht gar nicht“, wurde Claude Rapp, ein gebürtiger Stuttgarter, von seinem Vater 1998 in München vor die Wahl gestellt. Für den damals 13-Jährigen, der sich für die Fotografie von Fußballstadien begeisterte, war der weiß-blaue Weg vorgezeichnet, denn auch Kurzzeit-Erstligist Unterhaching stellte keine Alternative dar. „Sechzig ist mein Leben“, sagt er heute, auf die vergangenen 25 Jahre zurückblickend. Als Mitglied der Ultra-Gruppierung Cosa Nostra wurde er schließlich gebeten, „die Choreografien zu fotografieren, weil ich den Fotoapparat im Stadion eh dabei hatte“.
Ursprünglich die Fußballstadien als Motive, verschob sich sein Fokus schließlich auf die Fanszene des TSV 1860. In die Fanfotografie sei er durch die Cosa Nostra dann „irgendwie so reingerutscht“. Über das Fanprojekt erhielt Rapp Mitte der 2000er schließlich eine Arbeitskarte. Seither steht er nicht mehr als Fan in der Kurve, sondern als Fanfotograf im Innenraum der Stadien.
Sein Hauptaugenmerk, die Fankurve, ist auf rund 50 000 Fotos aus 223 Spielen der Löwen in 20 Jahren festgehalten. Daraus entstanden ist ein Bildband mit über 350 Fotos, exklusiven Interviews und einem zu seiner Geschichte passenden Titel: „Unter Löwen – Aus der Fankurve in den Innenraum“. Den Gedanken, einen Bildband zu veröffentlichen hatte der Münchner, der als Projektleiter in einer Internetagentur arbeitet, schon länger, so der Fanfotograf. „Aber da war ein Buchprojekt schon auch eine Hürde“. 2021 wurde es dann konkret. „Im Februar habe ich drei Verlage angeschrieben. Einer davon hat sich dann direkt gemeldet.“ Neben Bildern aus der Fankurve und dem Innenraum lässt der 37-Jährige in seinem Buch auch verschiedene Akteure rund um 1860 sprechen. So etwa Lothar Langer, der seit 1995 beim Fanprojekt der Löwen tätig ist. „Wir haben beispielsweise über die Giasinga Buam und den Klau der Fahne durch Bayern-Anhänger gesprochen und die Entwicklung der Fanszene aus Bayernligazeiten über Zeiten im Olympiastadion bis hin zu den ersten Ultra-Gruppierungen“, gibt Rapp einen Einblick.
Hinzu kommen Interviews mit dem Gründer der ehemaligen Löwen-Ultra-Gruppierung Cosa Nostra, mit einem Mitglied der 2016 aufgelösten Giasinga Buam und der Münchner Löwen, dem aktuellen Zusammenschluss von mehreren Ultra-Gruppierungen. „Der Hintergrund ist, dass ich als Fanfotograf diese drei Ultra-Gruppierungen fotografiert habe“, sagt das Auge der Löwen-Fans.
Eine seiner Hoffnungen ist es, mit seinem Buch Fans, „die mit der aktiven Fanszene nichts anfangen können, ein positives Bild davon zu vermitteln“. Gesprächsthemen rund um Gründung, Choreografien, politische Einstellungen und Werte sollen einen „tieferen Einblick“ geben. Daneben kommt im Buch auch Ex-1860-Profi Jan Mauersberger, der sowohl den Abstieg gegen den SSV Jahn Regensburg, die Saison in der Regionalliga als auch den Aufstieg in die 3. Liga als Spieler miterlebte und seit 2019 in der Marketingabteilung der Löwen arbeitet, zu Wort.
Sein Werk soll ein „stückweit auch eine Erinnerung“ sein, sagt Rapp. Sein persönliches Highlight – als Fotograf und Fan – sei der Aufstieg in die 3. Liga gegen den 1. FC Saarbrücken im Grünwalder Stadion gewesen.
„Angefangen mit dem Fanmarsch, dann die Choreografie zu Beginn des Spiels und die Pyro-Aktion. Das Spiel war emotional. Erst 2:0 hinten zu liegen und sich dann noch ein 2:2 zu erkämpfen. Und dann eben die Szenen nach dem Spiel: der Platzsturm, die Aufstiegsfeier. Und das alles mitzuerleben und fotografieren zu können – sogar im Innenraum. Es lag ein Prickeln in der Luft. Das war schon etwas ganz Besonderes an dem Tag.“
Herausgegeben wird „Unter Löwen – Von der Fankurve in den Innenraum“ vom Blickfang Ultrà Burkhardt & Partner Verlag. Am Freitag wird es im Giesinger Bräu (Martin-Luther-Straße 2) verbunden mit einem Talk mit dem 1860-Podcast „Giesinger Bergfest“ vorgestellt (Platzreservierungen vorab online notwendig). Die Vorstellung beginnt um 19 Uhr. Das Buch kann beim Verlag, am Freitag bei der Vorstellung oder nach dem Heimspiel gegen Havelse am Grünspitz gekauft werden.