Jetzt brennt’s bei Bayern

von Redaktion

Mainz-Pleite, Ibiza-Reise, Vertrags-Ärger – Salihamidzic beschwichtigt

VON MANUEL BONKE UND JOSÉ CARLOS MENZEL LÓPEZ

München – Manchmal lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Auf jene auf den ersten Blick nebensächlichen Gesten, die tiefer in die Innenwelt eines Menschen oder einer Gruppe wie den FC Bayern blicken lassen. Und vielleicht lässt sich diese eigenartige Saison des deutschen Rekordmeisters mit einer vermeintlich unbedeutenden Szene kurz nach dem Abpfiff am Samstag in der Mainzer MEWA Arena erklären. Kaum hatte der Unparteiische Sascha Stegemann die peinliche 1:3-Pleite des frisch gekürten Meisters beim Tabellenzehnten besiegelt, streifte Leroy Sané sein Haarband ab, drehte sich lustlos ab und verschwand mit hängenden Schultern in den Katakomben des Stadions.

Im Gästeblock schwenkten währenddessen Hunderte Münchner Fans ihre Fahnen und skandierten „Deutscher Meister wird nur der FCB“. Einige Spieler fanden den Weg in die Kurve, um sich für die Anreise der Anhänger zu bedanken, andere begaben sich derweil selbst auf die Reise. Und zwar nach Ibiza. Dort feiern die Spieler nun den zehnten Meistertitel in Folge, bis einschließlich Montag haben sie dafür frei bekommen.

Es ist ein auf sämtlichen Ebenen eigenartiges Bild, das der FC Bayern am Ende der Spielzeit 2021/22 abgibt. Sportvorstand Hasan Salihamidzic auf Anfrage unserer Zeitung zum Trip: „Vergangene Woche haben uns die Spieler darüber informiert, dass sie die beiden trainingsfreien Tage in der Gruppe auf Ibiza verbringen möchten. Wir haben das als teambildende Maßnahme akzeptiert. Unsere Mannschaft hatte sich noch höhere Ziele in dieser Saison gesetzt und ist seit dem Ausscheiden in der Champions League sehr mit sich und ihrem künftigen Weg beschäftigt. Das finden wir positiv.“ Der Bayern-Boss weiter: „Ich habe als Spieler gelernt, wie aus Niederlagen Stärke erwachsen kann. So eine gemeinschaftliche Aktion der Mannschaft kann hier eine wichtige Grundlage sein.“

Eine Teilschuld am aktuellen Porträt, das der missmutige Meister aktuell von sich zeichnet, tragen sämtliche Parteien. Spieler wie Robert Lewandowski oder Serge Gnabry, die sich ausgerechnet in den wichtigsten Wochen der Saison vielmehr aufgrund ihrer Gehaltsforderungen als durch ihre Leistung auf den Titelseiten der internationalen Presse wiederfanden. Die Chefetage, von jeher das Gesicht dieses Clubs, das langsam aber sicher an Kante verliert. Und natürlich Julian Nagelsmann, der beim sportlich unbedeutenden Kick in Mainz lieber 79 Minuten lang auf Bald-Borusse Niklas Süle setzte, als ein Talent wie Paul Wanner heranzuführen.

Eine gefährliche Unzufriedenheit macht sich dieser Tage auf allen Ebenen des Vereins breit. Auch bei Nagelsmann selbst, der mit Blick auf die Zukunft bereits jetzt tiefgreifende Änderungen fordert. „Wenn du zehn Meisterschaften in Folge holst, dann ist irgendwann der Punkt gekommen, an dem man etwas anders machen muss. Das ist in jeder Firma so. Jedes DAX-Unternehmen, das zu den erfolgreichsten gehören möchte, kennt das. Den Punkt darf man nicht verpassen.“

Ein Punkt, an dem sich FC Bayern nun befindet. Dass nun auch und vor allem Nagelsmann gefragt ist, nimmt der 34-Jährige an. Nach der Titelentscheidung vor einer Woche wartete er daher mit einem Versprechen an die Bayern-Fans auf, die sich vergangenen Dienstag zur öffentlichen Einheit an die Säbener Straße begeben hatten. „Nächstes Jahr wird es besser, versprochen“, rief Nagelsmann am Trainingsgelände in ein Megafon. Dass es sich hierbei nicht bloß um ein Versprechen handelt, sondern um seine Pflicht, gab er vor der kalten Dusche in Mainz vor den Sky-Kameras zu. „Natürlich“ lehne er sich damit „weit aus dem Fenster“, meinte er. „Aber noch ist eine Brüstung da, an der ich mich festhalten kann.“

Und während so mancher schon Abgründe skizziert, ist anderen weiterhin zum Grinsen zumute. Die Rede ist vom abwanderungswilligen Lewandowski, der das 05-Stadion wortlos, aber mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen in Richtung Ibiza verlies. Sky-Experte Lothar Matthäus zum Partytrip: „Das passt gar nicht, vor allem nach so einem Spiel. Als Julian Nagelsmann würde ich da härter durchgreifen. Die freien Tage werden gestrichen nach so einem Spiel.“

Es sind eben die Details. Details, die stören.

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