Sieger ohne Führerschein

von Redaktion

Holger Rune gewinnt BMW Open nach Aufgabe van de Zandschulps – Krawietz/Mies triumphieren im Doppel

VON THOMAS JENSEN

München – So richtig konnte sich Holger Rune über seinen Turniersieg bei den BMW Open erst mal nicht freuen: Zu groß war die Sorge um seinen Finalgegner Botic van de Zandschulp, der im ersten Satz beim Stand von 4:3 für sich aufgeben musste. Schon kurz zuvor hatte der Niederländer für mehrere Minuten den Platz verlassen, nachdem er sich auf die Brust gefasst hatte, und von Sanitätern ein Blutdruckmessgerät an den Finger bekommen hatte.

„Das ist natürlich die schlimmste Art, ein Finale zu gewinnen“, sagte Rune noch vor der Siegerehrung. Dort gab es schließlich erste Entwarnung, der Kreislauf des 26-Jährigen sei stabil. Abends schrieb dieser noch selbst bei Twitter: „Ich hatte Atemprobleme. 30 Minuten nach meiner Aufgabe war schon wieder alles ok.“

Nachdem Rune seinem Kontrahenten gute Besserung wünschte und den Pokal von Ministerpräsidenten Markus Söder überreicht bekam, konnte er seinen ersten Turniersieg auf der ATP-Tour dann doch genießen. „Mein erster Titel vor so einer tollen Kulisse. Ich könnte gerade nicht glücklicher sein“, meinte der seit Freitag 19-Jährige. Einen Führerschein hat er übrigens nicht, das Siegerauto fuhr daher wer anderes: Model Lena Gercke, die den Wagen präsentiert hatte, und Rune einige Ehrenrunden über den Platz kutschierte.

Die Woche endete somit mit einem Erfolg des Spielers, der für die meiste Furore am Aumeister gesorgt hatte, und nach seinem Halbfinalsieg über Oscar Otte gemeint hatte, die Nummer 1 der Welt werden zu wollen. Mit einer Wildcard versehen hatte er schon bei seinem Überraschungssieg über Alexander Zverev das vermuten lassen, was Turnierdirektor Patrik Kühnen am Finaltag erneut prophezeite: „Er wird bald sehr viel weiter vorne zu finden sein in der Rangliste.“

Auch abgesehen von der Leistung, des nun auf Rang 44 der Weltrangliste Liegenden, zeigten sich die Veranstalter abschließend zufrieden mit der Woche, unter anderem wegen der Zuschauerzahlen. 41 600 Besucher wurden gezählt, was ebenso Rekord war wie die sechs von neun ausverkauften Tage. „Highlight war, mit den Fans wieder so ein Tennisfest zu erleben“, so Kühnen – 2021 hatte das Turnier Corona-bedingt ohne Publikum stattgefunden.

Die Rückkehr der Fans freute auch die Sieger des Doppelwettbewerbs: Kevin Krawietz (30) und Andreas Mies (31) triumphierten über den Spanier David Vega Hernandez (27) und seinen brasilianischen Partner Rafael Matos (26) 4:6, 6:4, 10:7. Es war der erste gemeinsame ATP-Turniersieg der zweifachen French-Open-Sieger auf deutschem Boden. „Es ist etwas ganz besonderes und hat für uns eine sehr hohen Stellenwert“, ordnete Krawietz ein. Für das Erfolgspaar war es der zweite Triumph in Serie, letzte Woche waren sie in Barcelona erfolgreich. „Wir sind wieder im Flow, es macht Bock“, resümierte der Coburger nach dem Finale.

Bis vor Barcelona hatte er zusammen mit dem Kölner Mies eine durchwachsene Saison erlebt. 2021 spielten sie wegen einer Verletzungspause von Mies nicht zusammen und brauchten daher einige Monate, um an die alte Konstanz anzuknüpfen. Nun dürften sie als Mitfavoriten für die in drei Wochen beginnenden French Open gelten.

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