Comeback nach 539 Tagen

von Redaktion

Sabine Lisicki absolviert wieder ein Tennis-Match – und siegt

München – Einmal im Jahr ist das idyllische Städtchen Bonita Springs, gelegen im Nordwesten des Sonnenstaates Florida, der ziemlich stolze Gastgeber eines Tennisturniers der ITF-Tour. Viele aufstrebende Talente aus aller Herren Länder tummeln sich hier unter Palmen im milden Klima, um wichtige Weltranglisten-Punkte zu sammeln. Um irgendwann, früher oder später, im großen Wanderzirkus aufschlagen zu können.

Bonita Springs könnte allerdings auch für eine bekannte, schon einmal sehr etablierte Spielerin eine interessante Wegmarke sein. Denn dort, im 55.000-Einwohner-Ort nahe des Golfs von Mexiko, begann am Montag das vorerst letzte Comeback einer ehemaligen Wimbledon-Finalistin – die Rückkehr von Sabine Lisicki nach einer 539-tägigen Zwangspause.

Lisicki weinte Tränen der Freude, als sie das Qualifikationsmatch der ersten Runde gegen die Japanerin Ena Shibahara mit 6:4 und 6:4 gewonnen hatte, zum Jubel der Fans. „Es war ein großartiges Gefühl, endlich wieder in einem richtigen Wettkampfmatch auf dem Platz zu stehen“, sagte die 32-jährige, einst vom Boulevard wegen ihrer krachenden, pfeilschnellen Aufschläge „Bum-Bum-Bine“ getauft.

Seit sie ehedem im Wimbledon-Finale 2013 gegen die Französin Marion Bartoli verloren hatte, war das Tennisleben schwer und schwerer für die Berlinerin mit polnischen Wurzeln geworden. In vielen Spielen machte sie das Mögliche unmöglich.

Das Unmögliche möglich zu machen, wie bei mehreren starken Wimbledon-Missionen, war dagegen eher eine Rarität. Viele gravierende Verletzungen kamen hinzu, in Arztpraxen oder Rehabilitationskliniken hielt sich die Blondine unfreiwillig öfter auf als auf dem Centre Court. Kaum einer Spielerin habe das Schicksal so „viele böse Streiche gespielt wie Sabine“, sagte einmal Chris Evert, die US-Ikone. Gerade in jüngerer Vergangenheit wurde es noch einmal dramatisch für die ehemalige Nationalspielerin. Sie erkrankte am Pfeifferschen Drüsenfieber, hatte zuvor lange Monate einer Odysee bei Ärzten überstehen müssen, bis die richtige und zugleich niederschmetternde Diagnose feststand. Und dann, nach einer quälenden Comebackanstrengung, folgte im November 2020 in Linz ein Kreuzbandriss. Mit dem Ergebnis, dass Lisicki erst jetzt, im Frühling 2022, wieder ein offizielles Spiel bestreiten konnte – von einem Weltranglistenplatz jenseits der Tausend.

„Aufgegeben habe ich mich nie“, sagt Lisicki, „aber hart, sehr hart war es schon. Meine Geduld wurde echt auf die Probe gestellt. Es gab immer wieder Rückschläge, die man verdauen musste.“ Zwischendurch hatten sie viele im Tennisbetrieb kaum noch als Akteurin mit Ambitionen wahrgenommen. In Florida bastelte sie in den vergangenen Monaten nun eher im Verborgenen an der ersehnten Rückkehr. Ein Traumziel für Lisicki liegt buchstäblich auf der Hand. Die Rasenturnier in Berlin.

JÖRG ALLMEROTH

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