Mogelpackung Miami

von Redaktion

Künstlicher Hafen, falsches Wasser – so wird das Formel-1-Debüt im Sunshine State

VON RALF BACH

Miami – Sie haben es als Jahrhundert-Spektakel angekündigt, die Macher der automobilen Königsklasse. Besser als Monaco, hieß es. Wer aber genau hinschaut, der merkt: Es ist nicht alles golden, was glänzt. Hinter dem Glitzerrennen der Formel 1 in Miami am Wochenende verbirgt sich eine Mogelpackung. Vom 6. bis zum 8. Mai gastiert die Formel 1 erstmals in Sunshine State. Dazu muss man wissen: Jahrelang haben die Macher versucht die Königsklasse nach Miami zu holen, geklappt hat das am Ende nur mit massiven Zugeständnissen.

Grund: Ursprünglich sollte Downtown in der Stadt gefahren werden – direkt am Wasser, über Brücken und im Schatten der imposanten Skyline aus Hochhäusern und Palmen. Ein Rennen rund um den Bayfront Park, wo auch die Formel E schon Station machte, wäre ein einzigartiges Spektakel gewesen, vergleichbar höchstens mit dem Marina Bay Circuit in Singapur.

Allein: Klagen von Anwohnern und Geschäftsbetreibern blockierten die Pläne. Um den Grand Prix schließlich zu retten, zog man über zehn Kilometer außerhalb der glitzernden Küstenmetropole nach Miami Gardens, einem eher sozialschwachen Viertel mit überwiegend afroamerikanischer Bevölkerung, von der 20 Prozent unterhalb der Armutsgrenze lebt. Auch dort ließen die Klagen gegen das Rennen nicht lange auf sich warten. Aber: Hier wurden sie größtenteils abgewiesen. Zuletzt scheiterte ein Last-Minute-Versuch, das Rennen wegen potenzieller Lärmbelästigung doch noch zu stoppen. Nun findet der Grand Prix, den in Miami irgendwie niemand so richtig haben will, also statt: Auf dem sogenannten Miami International Autodrome.

Von Glanz und Glamour fehlt jede Spur. Rund um das Areal überwiegen riesige graue Asphaltflächen: Fast-Food-Lokale und Walmart-Filialen stehen dicht an dicht. Der Kurs passt zu der eher tristen Atmosphäre. Höhenunterschiede gibt es keine, von den modernen F1-Strecken erinnert der 5,410 Kilometer lange Kurs noch am ehesten an das ungeliebte Sochi-Autodrom, das mit seinen grauen Betonkanälen durch die verwaiste Olympiaanlage führt.

Es werden Erinnerungen wach an Caesars Palace: Auf dem Parkplatz des gleichnamigen Casinos in Las Vegas hielt die Königsklasse in den Jahren 1981 und 1982 jeweils ihr Saisonfinale ab. Bis heute gilt der Kurs als eine der schlechtesten Formel-1-Strecken aller Zeiten. Jetzt wird auch in Miami auf einem riesigen Parkplatz gefahren, dem des Hard Rock Stadiums, wo sonst die Miami Dolphins in der NFL spielen.

Für die F1-Premiere wird das triste Areal nun mit allerhand Event-Locations aufgehübscht: Die komplette Strecke entlang ziehen sich Hospitality-Zelte von Sponsoren und Teams, dazu kommen ein künstlich aufgeschütteter Strand und Swimmingpools. Auffällig: Mit über 600 Dollar liegen selbst die günstigsten Tickets an der Strecke weit über dem F1-üblichen Durchschnittspreis, sogar im Vergleich zum wahren Glamour-GP in Monte Carlo. Das beste Beispiel, dass dank der großen Werbetrommel beim Miami GP etwas anderes drinsteckt als draufsteht, ist ein künstlich angelegter Jachthafen.

Im Netz kursieren dieser Tage Bilder, die voller Spott ein paar Boote neben blau bemaltem Asphalt zeigen. Allein: Das ist der Unterschied zum Vorbild Monaco. Im Fürstentum sind sowohl Meer als auch Hafen echt.

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