Europa-Euphorie – nur einer flucht

von Redaktion

Bayer in Königsklasse, Union und Freiburg international – aber Streich sauer

München – Der scheidende Geschäftsführer Rudi Völler und Trainer Bayer Gerardo Seoane umarmten sich innig, die Spieler feierten in der Gästekurve ausgelassen mit ihren Fans. Bayer Leverkusen hat vor allem dank Torjäger Patrik Schick am vorletzten Spieltag den Einzug in die Champions League geschafft. Die Werkself siegte am Samstag in der Fußball-Bundesliga mit 4:2 bei der TSG Hoffenheim und sicherte sich den dritten Tabellenplatz.

„Zuerst einmal Glückwunsch an die Mannschaft für diese tolle Entwicklung“, sagte Seoane in der Pressekonferenz. Der 43-Jährige Schweizer empfand fast am Ende seiner erfolgreichen Premierensaison bei Bayer „große Dankbarkeit und Wertschätzung“ und nannte explizit die Mitarbeiter im Verein: „Für diese Leute freuen wir uns extrem. Und nicht zu allerletzt freue ich mich auch für Rudi, dass wir ihm einen würdigen Abschied geben können.“

Leverkusen vermied somit das befürchtete Endspiel um den Einzug in die Königsklasse zum Saisonfinale gegen den SC Freiburg, der zeitgleich Union Berlin unterlag. Die Hoffenheimer und Chefcoach Sebastian Hoeneß verspielten mit dem achten sieglosen Spiel in Serie ihre letzten theoretischen Chancen auf den Einzug in die Europa League, was das erklärte Saisonziel war.

Heftig gefeiert wurde auch in Berlin: Vor der einen Kurve starteten die Überflieger von Union Berlin ihre wilde Party, in der anderen feierten selbst die Fans des SC Freiburg – nur Christian Streich ließ sich von der Europa-Euphorie überhaupt nicht mitreißen. Nach dem herben Rückschlag im Kampf um die Königsklasse fluchte der Trainer der Breisgauer, schüttelte den Kopf und kündigte eine knallharte Analyse an. „Wir müssen ein ernstes Wörtchen reden miteinander“ sagte Streich nach dem bitteren 1:4 (0:3) gegen Union, das den Köpenickern die erneute Qualifikation für das internationale Geschäft bescherte, seinen Freiburgern aber womöglich den Traum von der Champions League zerstört haben könnte. Der SC-Coach betonte mit Blick auf den Showdown am letzten Spieltag in Leverkusen: „Wir müssen wieder Kraft schöpfen in der Woche.“ Für Streich geht es darum, die Defensive wieder zu alter Form zu führen – auch mit Blick auf das DFB-Pokalfinale in zwei Wochen gegen RB Leipzig.

Die Vielzahl an Gegentoren sei „inakzeptabel. Das geht ja nicht auf Dauer“, schimpfte Streich. Grischa Prömel (11.), Christopher Trimmel (30.), der überragende Sheraldo Becker (41.) und Andras Schäfer (90.) schenkten S seinem Team diesmal gleich vier ein.

Dass die Breisgauer, die durch Lucas Höler (59.) nur zum Ehrentreffer kamen, die Teilnahme an der Europa League bereits so gut wie sicher haben, hellte seine Stimmung kaum auf. „Das interessiert mich nicht“, sagte Streich und meinte mit Blick auf die Königsklasse: „Ich habe keine Träume.“ Und doch gab er zu, dass die Mannschaft sich nach „einer so guten Saison“ einfach belohnen solle.

Mit Erstaunen blickte Streich auf den Gegner, die erneute Europacup-Qualifikation hatte er den Berlinern kaum zugetraut. „Ich weiß nicht, wie sie es gemacht haben“, sagte er: „Da kann man nur alle Hüte ziehen.“

Hochstimmung auch in Köln – trotz der 0:1-Niederlage gegen Wolfsburg. Denn der FC, das steht schon vor dem letzten Spieltag fest, wird die Saison mindestens als Siebter abschließen – und damit mindestens in der Conference League starten. Das ist nur der dritthöchste europäische Wettbewerb, und es ist auch nur ein Platz in der Qualifikation, in Köln allerdings war das an diesem Wochenende egal. „Wir müssen sehen, wo wir hergekommen sind, und jetzt spielen wir in Europa“, sagte Torjäger Anthony Modeste: „Der Fußball ist schön, wir müssen das genießen.“  sid

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