Franz Reindl geht aufrecht und entlastet

von Redaktion

Beim Präsidiumswechsel im Deutschen Eishockey-Bund hält die Opposition still – „175 000 Euro für so einen Quatsch“

München – Hans Zach sprach über den „treuen Freund“, Marco Sturm erzählte, wie „einer auf die blöde Idee kam, dass ich Bundestrainer machen soll“, Uwe Krupp erinnerte an den erfahrenen Spieler, der „als ich 1986 als 20-jähriger Schlaks in die Nationalmannschaft gestolpert bin, sich jeden Tag Zeit für mich genommen hat“. Die drei früheren Bundestrainer waren beim Verbandstag des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) in München nicht vor Ort, doch sie schickten Videogrüße, ebenso taten dies der aktuelle Nationalmannschafts-Kapitän Moritz Müller und die Landshuter Legende Alois Schloder. Ihr Tenor: Reindl ist eine Legende.

Das machte natürlich Eindruck im Saal. Wollte man dem allseits gelobten Franz Reindl zum Abschied nach 30 Jahren im Verband und acht Jahren als Präsident wirklich an den Karren fahren? Es hatte sich eine Opposition gebildet, negative Berichte waren publiziert, Strafanzeigen gestellt worden – doch es geschah: nichts. Reindl, 67, ging aufrecht und entlastet aus dem Amt, übergab es an seinen gleichaltrigen Nachfolger Dr. Peter Merten. Der neue Präsident aus Heppenheim führte den alten aus Garmisch-Partenkirchen zu einem mit Fresskörben aus Reihen der Vereine und Landesverbände beladenen Tisch – nachdem Reindl zuvor vor Rührung die Stimme gebrochen war.

Es wurde am Samstag im Münchner Hyperion-Hotel klar, dass die Rebellen um den hessischen Landesverbandspräsidenten Hendrik Ansink keine Mehrheit finden würden. Die Bilanz Reindls seit 2014, als er den DEB „als Sanierungsfall“ übernahm, war positiv, und der Bericht, den die Kölner Kanzlei Verte, spezialisiert auf Wirtschaftsstrafrecht, vorstellte, besagte, Reindl und das Präsidium hätten sich nichts zu Schulden kommen lassen. Der ehrenamtliche Präsident Reindl habe als bis zum Renteneintritt bezahlter Geschäftsführer der verbandseigenen Eishockey-Gesellschaft nachweisbare Arbeit geleistet. Auch habe er dem Vermarktungspartner Infront keine Vorteile gewährt. Da sei nichts strafrechtlich Relevantes.

Berthold Wipfler, der scheidende Finanz-Vizepräsident, echauffierte sich über die dreiköpfige Ansink-Gruppe, denen er ein „Pharisäer“ entgegenschleuderte: „Wir sparen am Papier, müssen dann aber 175 000 Euro für so einen Quatsch ausgeben, um unsere Unschuld zu beweisen.“ Vier Monate lang hatten Verte-Anwälte Unterlagen aus der DEB-Geschäftsstelle untersucht und bis zu fünfeinhalb Stunden dauernde Zeugenbefragungen geführt. Den Bericht hat Verte auch der Staatsanwaltschaft München übergeben, deren Wertung steht noch aus. „Warten wir das doch mal ab, bevor wir klatschen oder den Kopf senken“, forderte Wolff-Dietrich Prager vom Landeseissportverband Schleswig-Holstein, einer der Aufbegehrenden.

Für das neue Präsidium hoben jedoch auch sie ihre Stimmkarten. Dr. Peter Merten ist die Konsenslösung. Er hat nie Eishockey gespielt, war Mehrkämpfer und Hammerwerfer bei Salamander Kornwestheim. Die berufliche Laufbahn des Juristen und promovierten Betriebswirtschaftlers ist imposant: Er war bei Daimler, Dornier und Rheinmetall und merkte an: „Die Panzerhaubitze, über die jetzt gesprochen wird, die habe ich gebaut.“ Überwiegend war er aber in der Autosparte des Rüstungskonzerns tätig und kam als Sponsor in Heilbronn und Mannheim zum Eishockey. Zehn Jahre kümmerte er sich um die DEL2.

Den bekanntesten Namen im neuen Präsidium trägt Andreas Niederberger, 59, der als Spieler „eine fantastische Karriere“ hatte. Sein Sohn Mathias ist Nationaltorhüter. Es liegt nahe, dass der „Anderl“, in Bad Tölz aufgewachsen, ein Auge aufs Sportliche haben wird. Hauke Hasselbring aus Bremerhaven nimmt sich der Finanzen an, Marc Hindelang, der in der Medienabteilung von Eintracht Frankfurt sein Geld verdient, kümmert sich wie schon die vergangenen acht Jahre um die kleineren Clubs.

Peter Merten wird nicht so präsent sein wie Franz Reindl, der den Standortvorteil Bayern hatte. „Ich habe zwei Töchter und Enkelkinder, die in München leben, alle zwei Wochen werde ich zwei, drei Tage hier sein“, kündigt Merten an. Der DEB soll aber eine neue Struktur bekommen. Mit Aufsichtsräten. Das operative Geschäft soll stärker auf die Hauptamtlichen verlagert werden. „Analog zu einer Aktiengesellschaft“, so Merten.

Am Sonntag besuchte das neue Präsidium das WM-Vorbereitungsspiel Deutschland – Österreich in Schwenningen, am Montag stellt es sich auf der Geschäftsstelle in München vor. Dass dort in einem toxischen Klima bis zur Erschöpfung gearbeitet und sogar das Gewerbeaufsichtsamt vorstellig wurde, ist ein Thema, dem die Neuen sich stellen müssen. Allerdings: Franz Reindl hatte sich selbst am wenigsten bei der Arbeit in der Zentrale geschont. „Sogar die Garage aufgeräumt und den Rasen gemäht hab’ ich.“

GÜNTER KLEIN

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