München – Die Saison ist gelaufen, die Aufarbeitung noch lange nicht. Im Vereinsmagazin „51“ sprach Bayern-Boss Oliver Kahn über…
den zehnten Meistertitel in Folge: Dieser zehnte Meistertitel in Serie jetzt hat etwas … Monumentales. Ich glaube, dieses Wort trifft es gut. Zehnmal in Folge Meister zu werden, als erste Mannschaft in den europäischen Top-5-Ligen – so etwas schafft man nur mit einer ganz außergewöhnlichen Spielergeneration. seinen ersten Titel als Vorstands-Chef: Es ist ein sehr zufrieden stimmendes Gefühl – und im Grunde ähnlich wie früher: Man arbeitet eine Saison lang auf den Titel hin, und ich habe mich als Spieler wie jetzt als Vorstandsvorsitzender immer in der Verantwortung gefühlt. Ab und zu habe ich den Eindruck, es steht bei uns irgendwo in der Satzung, vielleicht im Kleingedruckten, dass du als FC Bayern jedes Jahr Titel holen musst – entsprechend führt es also auch zu einer gewissen Erleichterung, wenn man am Ende etwas Zählbares in Händen hält. Im Übrigen war auch keine Rede davon, dass so eine Meisterschaft beim FC Bayern „business as usual“ ist – ich habe zum Beispiel seitdem viele E-Mails bekommen, wie sehr sich die Leute freuen und dass sie es nicht verstehen können, dass manche ein Bild haben, man würde beim FC Bayern eine Meisterschaft nicht richtig genießen.
die DNA des FC Bayern: Nachlassen, lockerlassen – das gibt es beim FC Bayern nicht. Hier wird sich ständig hinterfragt. Und zwar in einer Konsequenz, die ich nirgendwo sonst jemals erlebt habe. Selbst wenn du gewinnst oder einen Titel holst, wird ständig an den nächsten Schritt gedacht. Das Gefühl von Zufriedenheit hat nie Zeit, sich so auszubreiten, dass daraus Selbstzufriedenheit werden könnte. Trainer Julian Nagelsmann: Julian tut uns mit seiner frischen, dynamischen Art sehr gut – und ich war nie ein Freund davon, Menschen ändern zu wollen. Dass er hier und da mal mit seinen lockeren Sprüchen falsch verstanden werden kann, gehört bei ihm dazu. Mir ist so ein Typ viel lieber als einer, der keine Stellung bezieht. Julian ist unheimlich ehrgeizig und enorm reflektiert. Ohne seine außergewöhnlichen Fähigkeiten wäre er nicht da, wo er heute ist.
seine Saisonbilanz: Man darf nicht vergessen, dass wir viele Langzeitausfälle wichtiger Spieler hatten – und dass auch diese Saison stark von Corona geprägt war. In der Bundesliga haben wir nah am Optimum abgeliefert. Im DFB-Pokal so früh auszuscheiden, hat uns allen wehgetan – ganz zu schweigen vom Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen Villarreal. Aber ich bin sicher, dass unsere Spieler und unser Trainer diese Erfahrungen so abgespeichert haben, dass uns so etwas nicht mehr passieren darf – und wird.
seinen Führungsstil: Ich habe mitunter das Gefühl, dass für die Öffentlichkeit das Wort „führen“ in Bezug auf einen Fußballverein bedeutet, dass man zwingend laut sein muss. Das hat für mich aber nur bedingt was mit Führung zu tun – wenn überhaupt. Ich denke, ich habe ein Gespür dafür, wann ich nach außen hin präsent sein muss und wann nicht. Führung findet für mich vor allem intern statt. Diese ersten zwei Jahre hier für mich waren heftig, ein ziemliches Stahlbad. Aber wie sagte der frühere Trainer Otto Rehhagel einmal? „Wer beim FC Bayern einen Vertrag unterschrieben hat, muss wissen, was er getan hat.“ Das gilt offensichtlich für alle Zeiten – und nicht nur für Spieler, sondern beispielsweise auch für einen Vorstandsvorsitzenden (grinst). mm