München – Zwei Etappensiege, zwei Fahrer in den Top-10 der Gesamtwertung – die erste Phase des Giro d‘Italia stand ganz im Zeichen von Bora-hansgrohe. Doch Teamchef Ralph Denk blickt mit Respekt nach vorne, wie er im Interview erklärt.
In den ersten Girotagen waren Sie erfolgreich wie selten. Kam der Ruhetag am Montag gelegen?
Hmm, wenn man die Sportler fragt, dann werden die das unterschiedlich betrachten. Manche fühlen sich tatsächlich gestört, aus dem Rennrhythmus gerissen. Andererseits haben wir ja tatsächlich schon viel auf der Habenseite. Da genießt man so einen Tag auch mal. Gerade wenn das Hotel auch noch so schön liegt wie jetzt an der Adria.
Auf der letzten Bergetappe hat sich Jai Hindley ins Rampenlicht gefahren – er ist auch in der Gesamtwertung in die Spitze geklettert. Ist er damit auch der Kapitän oder setzen sie auch auf den erstarkten Emanuel Buchmann?
Die beiden sind klar gleichberechtigt und werden von den sechs anderen Rennfahrern unterstützt. Zumindest jetzt ist das so. In der zweiten und dritten Woche müssen dann die Beine entscheiden.
Sie haben ja schon im Vorfeld das Podium als Ziel ausgegeben.
Ja, es wäre schön, wenn es einer in Verona aufs Podium schafft. Aber wenn man mal sieht, was noch an Etappen kommt, dann flößt das schon Respekt ein. 5000 Höhenmeter. Wenn du da nicht gut drauf bist, dann kannst du schnell viel liegen lassen.
Wobei die Form-Entwicklung zu stimmen scheint. Selbst Wilco Keldermann wurde nur von einem Defekt zurückgeworfen.
Ja, das hat mir wahnsinnig leid getan für ihn. Aber für ihn sind beim Giro ja immer noch Tagesergebnisse drin. Und auch wenn er jetzt Helfer ist, dann wird er das nicht als Strafarbeit sehen. Aber stimmt schon, bis jetzt hätte es kaum besser laufen können. Aber man muss auch sehen, dass die Vorbereitung alles andere als makellos war. Es gab Krankheiten, Verletzungen. Und keiner unserer Wissenschaftler kann uns jetzt sagen, ob wir wegen der etwas längeren Pause vor dem Giro gute Beine haben werden. Oder ob sich vielleicht doch in der zweiten oder dritten Woche das fehlende Training bemerkbar machen wird. Das werden wir herausfinden müssen.
Auf der Straße…
Genau. Aber was natürlich immer hilft, ist, wenn du schon einiges auf der Habenseite hast. Dann geht es auf manchen Etappen, auf denen du dich quälen musst, doch von selbst. Darauf hoffe ich natürlich schon, dass wir auf dieser Welle ein bisschen weiter reiten können.
Was natürlich auch für Lennard Kämna sprechen würde, der einer der großen Lichtblicke der ersten Woche war.
Klar, wenn ein Lennard Kämna Blut geleckt hat, dann ist er immer für etwas Außergewöhnliches gut. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir von ihm noch mehr sehen.
Ist er der Klassement-Fahrer der Zukunft?
Das werden wir in aller Ruhe mit ihm besprechen. Aber seine Entwicklung war ja keine geradlinige. Im Moment freue ich mich einfach, dass es uns gelungen ist, ihm den Spaß am Radsport zurückzubringen.
Interview: Patrick Reichelt