München – An den letzten Trip ins Rheinland haben die Basketballer des FC Bayern ja keine allzu guten Erinnerungen. Seinerzeit reiste man mit Partien gegen Piräus und Bamberg in den Knochen an und bezog mit 61:96 fürchterliche Prügel. Danach zog Corona mal wieder im Audi Dome ein – es waren die Tage, in denen sich die Münchner aus den Top-2 der BBL verabschiedeten. Und natürlich hat es nicht zuletzt damit zu tun, dass Trainer Andrea Trinchieri vor der anstehenden Halbfinalserie sich und seinen Profis das „große Privileg, reiner Außenseiter zu sein“ zuspricht.
Am Samstag und Montag (jeweils 20.30 Uhr) müssen die Bayern zunächst auswärts ran. Die Bonner Arena ist in dieser Saison ein heißes Pflaster – einzig Alba Berlin und die Hamburg Towers konnten von dort Punkte entführen. Und dass das so ist, hat ziemlich viel mit Tuomas Iisalo zu tun.
Der finnische Coach, mittlerweile zum Trainer des Jahres der Bundesliga gekürt, hatte den Bayern im vorjährigen Viertelfinale noch mit den Crailsheim Merlins das Leben schwer gemacht. Im Sommer zog er nach Bonn weiter. Und bastelte dort eine noch erfolgreichere Kopie seines Konzeptes, wie auch Trinchieri feststellte: „Das gleiche Playbook, das gleiche Konzept, sehr aggressiv in der Offensive …. es hat sehr, sehr viele Gemeinsamkeiten.“
Bis hin zum kleinen, aber feinen Herzstück auf der Spielmacherposition. Was Trae Bell-Haynes in Crailsheim war, ist nun Parker Jackson-Cartwright. Den 26-jährigen Kalifornier hatte Iisalo in Frankreich entdeckt. Und er wurde zum uneingeschränkten Chef in Bonn. In der Hauptrunde wirbelte er die BBL mit im Schnitt 19,3 Punkten und 7,4 Assists durcheinander und ließ die nicht unbedingt verwöhnte Fangemeinde bis zuletzt sogar von der Hauptrundenmeisterschaft träumen – fast logisch, dass man ihn auch zum wertvollsten Spieler (MVP) kürte. Im Viertelfinale gegen Hamburg packte er noch einen drauf und wurde mit durchschnittlich 36 Punkten zum bösen Geist für die Towers. „Er hat wirklich eine verrückte Serie gespielt. So etwas siehst du selten“, sagte Bayerns Co-Kapitän Vladimir Lucic.
Auch Trinchieri rätselt dieser Tage, wie die Kreise des Mannes mit dem sperrigen Nachnamen wohl einzuengen sind. Zur Wochenmitte war ihm noch nicht viel eingefallen. „Das ist extrem schwer. Er hat einen unheimlich guten Wurf und er ist extrem schnell“, sagte der Bayern-Coach und adelte den Bonner Regisseur mit einem großen Vergleich: „Er ist ähnlich schnell wie Shane Larkin.“ Jackson-Cartwrights Landsmann spielte beim nun zweimaligen Euroleague-Champion Efes Istanbul und gilt schon seit Längerem als der antrittsstärkste Profi der Königsklasse.
Man ahnt, es wartet eine echte Herausforderung auf die personell weiter angeschlagenen Bayern. Die Münchner allerdings gehörten in der nun abgelaufenen Euroleague-Saison zu den besseren Defensivteams in Europa. Eine Qualität, mit der man den souveränen Vorrunden-Meister FC Barcelona im Viertelfinale der Euroleague immerhin bis ins Spiel fünf trieb.
Den wacker kämpfenden Chemnitzern ging es zuletzt in der BBL nicht viel besser, einzig in Spiel drei konnten die Sachsen die 80 Punkte knacken.