Köln – Er blieb immer bescheiden, sich selbst wollte Lester Piggott nie in den Mittelpunkt stellen – obwohl ihm auf neun Rennbahnen Statuen errichtet wurden. „Ruhm ist ein flüchtiger Geselle, er verblasst mit der Zeit“, sagte er 2015 in einem der wenigen Interviews, die er nach seinem Rücktritt im Jahr 1995 noch gab: „Die Älteren kennen mich vielleicht noch, aber die Jüngeren werden kaum noch wissen, wer ich bin. Zeiten ändern sich.“ Am Sonntag ist der erfolgreichste Jockey der Nachkriegszeit in einem Genfer Krankenhaus gestorben, er wurde 86 Jahre alt.
Selbst die Feststellung, dass Lester Piggott eine Legende seines Sports war, trifft es wahrscheinlich nur unzureichend. Trotz seiner für einen Jockey ungewöhnlichen Größe von 1,73 m gewann „der lange Kerl“ in seiner Laufbahn mehr als 5000 Rennen, unter anderem dreimal den Prix de l’Arc de Triomphe in Paris. Seinen ersten Sieg holte er 1948 als Zwölfjähriger im Sattel von The Chase in Haydock, seinen letzten mit Palacegate Jack kurz vor seinem 59. Geburtstag 1994 auf derselben Bahn.
Ebenfalls dreimal gewann Piggott das Deutsche Derby auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn, darunter sein unvergessener Triumph 1957 auf dem Erlenhofer Orsini. Piggott wiederholte diesen Erfolg 1963 auf Fanfar sowie vier Jahre später auf Luciano.
Dabei gibt es durchaus auch einen schwarzen Fleck in seiner Vita. Nach seinem ersten Rücktritt im Jahr 1985 erwischte ihn die Härte des Gesetzes: Wegen Steuerhinterziehung wurde Piggott 1987 verurteilt und für ein Jahr ins Gefängnis geschickt.
Nach seiner Freilassung stieg er – nicht zuletzt wegen gewisser finanzieller Engpässe – wieder in den Sattel, um das zu tun, was er am besten konnte: reiten. Und wie er es immer noch konnte: 1990 gewann er mit 54 Jahren auf Royal Academy die Breeders’ Cup Mile.
Am Sonntag nun bestätigte Piggotts Schwiegersohn William Haggas, was die Szene seit Tagen befürchtet hatte. „Lester ist heute Morgen friedlich eingeschlafen. Im Moment möchte ich nicht mehr dazu sagen, obwohl Maureen (Piggotts Tochter, d. Red.) später noch ein Statement abgeben wird.“
Piggott war vor gut einer Woche ins Krankenhaus eingeliefert worden, über die genauen Gründe ist nichts bekannt. 2007 hatte sein Leben schon einmal am seidenen Faden gehangen, damals war er wegen akuter Herzprobleme länger auf der Intensivstation. sid