Sir Elton Kroos und das Wontorra-Juchhu

von Redaktion

TV-KRITIK

Jessasmariandjosef! Da freut man sich auf einen entspannten Fußballabend im guten alten ZDF, ohne Internetgedöns und ohne, dass einen Steffen Freund anplärrt. Und dann schießt der Blutdruck beim Zuschauen höher als bei 26 Bundesligaspielen. Drama, Baby!

Was hat ZDF-Reporter Nils Kaben falsch gemacht? Er hätte Toni Kroos nach dem Spiel einfach lieb fragen müssen: „Toni, warum sind Sie so ein geiler Hecht? Darf ich Ihr Auto waschen?“ Stattdessen hat er sich erkundigt, warum Real gegen Liverpool in Bedrängnis war. Kroos zürnte: „Du hattest 90 Minuten, Dir vernünftige Fragen zu überlegen, und dann stellst Du mir zwei so Sch…-Fragen.“ Und schon war er weg, der Toni, der dann noch aus dem Hintergrund schoss: „Ganz schlimm.“ Und irgendwas mit „typisch Deutsch“. Das war natürlich Quatsch von Kroos. Andererseits: Kaben hätte positiv fragen können, was zum Beispiel die unglaubliche Mentalität von Real ausmacht. Stattdessen hat er ZDF-mäßig gemäkelt. Keine Meisterleistung von beiden.

Warum hat der Toni die Laura lieb? Die quietschfidele DAZN-Dame Laura Wontorra hat die positiven, sinnfreien Fragen gestellt, die ein Kroos gerne hört. Also: „Toni, wie viel Dank gilt in solchen Momenten der Familie?“ Und auch: „Sandro Wagner hat gesagt, wir dürfen Toni Kroos eigentlich nur noch mit Sir Toni Kroos ansprechen. Haben Sie von Ihrer Familie auch schon solche Spitznamen gekriegt?“ Da war Sir Toni Wachs in den Händen von Laura – die weiß, wie man ein Fußballprodukt verkauft. Ein Mittelding zwischen Kaben-Mosern und Wontorra-Juchhu, das wär’s halt. Nennt man guten Journalismus.

Was hat das ZDF schlecht gemacht? Der (an sich wie immer gute) Moderator Jochen Breyer hat viel von Twitter vorgelesen, was während der 36 Minuten Spielverzögerung höchstwahrscheinlich passiert ist. Auf die Idee, einfach mal jemand aus der Hundertschaft von ZDF-Mitarbeitern vors Stade de France zu schicken und selber nachzuschauen, ist aber niemand gekommen. Toni Kroos hätte dazu gesagt: „Sch…-Recherche.“

Wie war der Abschied von Béla Réthy? Dem Kult-Kommentator, der immer Elton-John-artiger aussieht, hörte man auch in seinem letzten großen Finale gern zu, nach der WM geht er in Rente. He’s still standing, allerdings erzählte Béla auch viel wunderliches Zeug: „Ecke, oder? Abseits war’s. Ball war doch im Aus.“ Seine lustigen Geschichten wird man vermissen, so wusste er diesmal: „Die Hymne von Real Madrid wurde 1952 in einem Zug komponiert.“ Da fehlte bloß noch: „Karim Benzema hat einen Pudel, der in Gummersbach geboren wurde.“ Heutzutage dürfen ja Krethi und Plethi Fußball kommentieren, aber bald nicht mehr Réthy. Und damit geben wir zurück zu Sir Elton Kroos.

JÖRG HEINRICH

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