Köln – Nach dem größten Erfolg der Teamgeschichte will Bora-hansgrohe mit einem neuen Selbstverständnis auch bei der Tour de France angreifen. „Wir haben uns innerhalb von zehn Jahren zum Siegerteam entwickelt“, sagte Teamchef Ralph Denk bei Eurosport. Der Raublinger Rennstall ist mit dem Triumph beim Giro endgültig im Kreis der Großen angekommen und nimmt die prestigeträchtigsten Siege des Radsports ins Visier.
Die Vorbereitungen für die Frankreich-Rundfahrt im Juli laufen auf Hochtouren. „Wir werden eine Zwei-Mann-Strategie fahren“, sagte Denk, der bei Grand Tours künftig immer auf eine Zweier- oder Dreierspitze setzen will: „Sam Bennett ist für den Sprint und Alexander Wlassow für die Gesamtwertung vorgesehen.“ Zudem möchte der 48-Jährige den „offensiven Fahrstil wie beim Giro beibehalten“.
Ob und wie viele deutsche Fahrer dann am Start sein werden, steht noch nicht endgültig fest. Maximilian Schachmann, Nils Politt und Lennard Kämna haben aktuell die besten Chancen. Gerade Kämna traut Denk mittelfristig auch zu, bei dreiwöchigen Rundfahrten um die Gesamtwertung zu fahren. Giro-Sieger Jai Hindley und Emanuel Buchmann waren nicht für die Tour vorgesehen.
Der Weg hin zum Gesamtklassement-Team ist durch den Abgang von Superstar Peter Sagan im vergangenen Winter möglich geworden. Lange Zeit wurde die Mannschaft um den Slowaken aufgebaut, nun eröffneten sich neue Möglichkeiten.
„Es war eine komplette Neuausrichtung“, sagte Denk: „Wir wollten jetzt unseren Weg gehen. Klassiker und Sprintsiege sind das eine, aber ein Sieg bei einer Grand Tour das andere. Dies erzeugt noch mal eine ganz andere Aufmerksamkeit.“ Es sei aber auch die „Königsdisziplin“ und ein „steiniger Weg“ im Radsport, der immerhin auf den Giro-Gipfel geführt hat.
Mittlerweile verfügt Bora-hansgrohe über ein „ordentliches Budget“ und eine ganze Liste an Top-Fahrern, die solche Siege möglich machen können. Neben Routinier Buchmann und dem (bisherigen) Etappenjäger Kämna zählen auch Wilco Keldermann, die beiden Winterzugänge Wlassow und Sergio Higuita und eben Hindley zu den Hoffnungsträgern auf große Triumphe.
„Wir haben bewusst junge Leute verpflichtet, die sich noch weiterentwickeln und dann hoffentlich ihre ersten Siege einfahren“, erklärte Denk die jüngste Transferstrategie. Beim Giro war „nur“ das Podium anvisiert, „dass es so schnell geht, hat uns auch ein wenig erstaunt“.
Auch im Team hinter dem Team muss man sich erst auf die neue Rolle einstellen. „Es ist ein Unterschied, ob man in Richtung Podium, Top fünf fährt, oder ob es um den Sieg geht“, sagte Denk, der seit den Anfängen 2010 für den Rennstall arbeitet. Mittlerweile mit dem Anspruch auf die ganz großen Siege. sid