„Wir wollen kein One-Hit-Wonder sein“

von Redaktion

HANDBALL SC Magdeburg Trainer Bennet Wiegert vor der möglichen Meisterschaft über langfristige Ambitionen

München – Eine große Enttäuschung musste Bennet Wiegert (40), Trainer des SC Magdeburg, am Sonntag hinnehmen: seine Mannschaft verlor das Europacup-Endspiel gegen Lissabon. Zur Aufarbeitung bleibt wenig Zeit, denn seinem Team winkt die nächste Chance: am Donnerstag kann die deutsche Meisterschaft eingetütet werden – das erste Mal seit 2001, als er selbst spielte. Im sid-Gespräch äußert er sich dazu und möglichen Ambitionen als Bundestrainer.

Herr Wiegert, am Sonntag erlebten Sie eine schmerzhafte Niederlage, am Donnerstag steht das erste von drei Matchball-Spielen um die Meisterschaft an. Wie kommen Sie mit Ihren Gefühlen klar?

Die Gefühlswelt ist total schwierig zu beschreiben, es ist viel los in meinem Herzen. Ich nehme das Ganze natürlich auch mit zu meinen beiden Kindern nach Hause. Natürlich versuche ich, auch ihnen gerecht zu werden, doch das Life in meiner ‘Work-Life-Balance’ bleibt momentan auf der Strecke. Dabei ermahnt mich meine Frau schon immer.

Was sagen Sie der Konkurrenz, die angesichts der zweiten Finalniederlage des SCM nun womöglich auf ein Magdeburger Zitterhändchen hofft?

Daraus wird nichts. Wir haben es die ganze Saison nicht bekommen, und werden es auch jetzt nicht kriegen. Angst kenne ich nicht, sie ist ein Leistungshemmer.

Welche Bedeutung hätte der Titel für Magdeburg?

Die Euphorie kennt keine Grenzen. Und den Puls dieser Stadt, glauben Sie mir, fühle ich als gebürtiger Magdeburger ganz gut. Allein, wie uns die Fans am Montagabend kurz vor Mitternacht nach dem verlorenen Europacup-Finale zurück in der Stadt empfangen haben. Es gab einen Autokorso. Wahnsinn.

Wie ist der Stellenwert für Sie persönlich? Als Spieler waren Sie Meister und Champions League-Sieger, als Trainer schon Europacup-Champion und DHB-Pokalsieger.

Als Spieler habe ich die Erfolge eher beiläufig wahrgenommen und nicht sonderlich wertgeschätzt. Jetzt, über 20 Jahre später, kann ich das Ausmaß des Ganzen viel besser einschätzen. Es gibt schließlich Vereine, die zig Jahre in der Bundesliga spielen und nie Meister werden. Die Meisterschaft hat für mich einen extrem hohen Stellenwert. Als Vereinstrainer in Deutschland, der stärksten Liga der Welt, geht es nicht größer.

Was kommt danach? Kann und will der SCM dem THW Kiel nun auch langfristig Paroli bieten?

Kiel und Flensburg werden oben immer dabei sein. Doch es wird enger werden an der Spitze. Mit Melsungen wird schon bald ernsthaft zu rechnen sein, die Füchse Berlin gehen seit Jahren einen fantastischen Weg, und auch wir wollen natürlich unsere Rolle finden. Wir wollen kein One-Hit-Wonder sein. Mein Job ist es, dass wir dranbleiben.

Zuletzt wurden sie auch immer mal wieder mit dem Amt des Bundestrainers in Verbindung gebracht. Wäre beizeiten dieser Postenfür Sie reizvoll?

Mit dem Wort ‘nie’ sollte man vorsichtig sein, denn man weiß nicht, was die Zukunft bringt. Es kann einem unter Umständen in den Rücken fallen. Aber diese Frage stellt sich zurzeit nicht. Zudem habe ich den Job über Jahre beobachtet und festgestellt: Der Baum, an den jeder Hund sein Bein heben darf, will ich nicht sein.

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