Paris – Alexander Zverev riss wild jubelnd die Faust in die Luft, brüllte immer wieder sein Glück heraus und war einfach nur überwältigt. Der Olympiasieger hat den Aufstieg von Wunderkind Carlos Alcaraz mit einem Gala-Auftritt gestoppt und ein dickes Ausrufezeichen hinter seine Titelambitionen bei den French Open gesetzt. Der Weltranglistendritte knackte das spanische Ausnahmetalent beim 6:4, 6:4, 4:6, 7:6 (9:7) mit einer mentalen wie spielerischen Topleistung und steht wie im Vorjahr im Halbfinale von Paris.
„Ich wusste, dass ich von Beginn an mein absolut bestes Tennis zeigen muss. Ich bin einfach nur glücklich, dass mir das gelungen ist“, sagte Zverev: „Ich hoffe, mir gelingt es dieses Turnier zu gewinnen, bevor er anfängt, das sehr oft zu tun. Er ist ein unglaublicher Spieler.“
Zverev, der nach 3:18 Stunden seinen zweiten Matchball verwandelte, zeigte in einer packenden Viertelfinalpartie auf höchstem Niveau seine beste Vorstellung in diesem Jahr und beendete ganz nebenbei auch noch eine leidige Serie: Erstmals im zwölften Versuch schlug er einen Top-Ten-Spieler in einem Grand-Slam-Turnier und kann nach dem Erfolg über den zuvor 14-mal in Folge unbesiegten Alcaraz mit breiter Brust um seine zweite Finalteilnahme bei einem Major kämpfen.
In der Runde der letzten vier am Freitag erwartet den 25 Jahre alten Hamburger nun die nächste Höchstschwierigkeit auf der ganz großen Bühne. Zverev trifft auf Grand-Slam-Rekordsieger Rafael Nadal aus Spanien oder den Weltranglistenersten Novak Djokovic aus Serbien, die sich in einem Duell der Tennis-Giganten am Dienstagabend zum 59. Mal gegenüberstehen.
„Da wird es sicherlich nicht einfacher“, sagte Zverev bei Eurosport, erkannte aber Steigerungspotenzial: „Es war heute weit von perfekt.“
Der deutsche Topspieler, im Turnierverlauf nicht immer souverän und in der zweiten Runde mit Matchball gegen sich, hatte das bis dato letzte Aufeinandertreffen Anfang Mai im Finale von Madrid klar gegen den 19 Jahre alten Aufsteiger der Saison verloren und war gewarnt vor dem Mann aus Murcia, der in diesem Jahr die versammelte Elite besiegt und vier Titel eingefahren hat.
Doch Zverev war diesmal sofort da und setzte seinen jungen und offensichtlich doch etwas nervösen Kontrahenten unter Druck. Nach 43 Minuten und mit nur sieben leichten Fehlern machte er den ersten Durchgang zu. Und Zverev blieb auch im zweiten Satz fokussiert, Alcaraz zeigte nun unter Anfeuerung seiner zahlreichen Fans auf dem Court Philippe Chatrier mehr von seinem spektakulären Spiel. Doch Zverev blieb bei sich und erhöhte.
Alcaraz nahm sich eine kurze Toilettenpause, die Zverev aber nicht rausbrachte. Er ließ in seinem schwarzen, ärmellosen Shirt weiter die Muskeln spielen, leistete sich aber Ende des dritten Spielabschnitts eine kleine Schwächephase, die Alcaraz sofort für sich nutzte. Die Arena tobte, doch Zverev bewahrte die Nerven, wehrte in Satz vier einen Satzball im Tiebreak ab und verdiente sich den Prestigeerfolg.
In der Frauen-Konkurrenz erreichten Coco Gauff (USA) und Martina Trevisan (Italien) nach Siegen gegen Sloane Stephens und Leylah Fernandez erstmals das Halbfinale eines Grand-Slams. sid