„Berlin ist jetzt ganz weit weg“

von Redaktion

Bayerns Basketballer stehen in der Halbfinalserie gegen Bonn mit dem Rücken zur Wand

VON PATRICK REICHELT

München – Vladimir Lucic war der Erste im Lager der Basketballer des FC Bayern, der nach getaner Arbeit sein Lächeln wieder gefunden hatte. Wofür der Co-Kapitän aber schon sein anstürmendes Töchterchen brauchte. Aber auch bei Lucic saß die Enttäuschung über den zweiten vergebenen Matchball in der Halbfinalserie gegen die Baskets Bonn tief. Von einem möglichen Finale gegen den Erzrivalen Alba Berlin wollte der Serbe mit Blick auf den alles entscheidenden Showdown am Mittwoch (20.30 Uhr/Sport1 und Magentasport) jedenfalls lieber nichts mehr wissen. „Berlin ist jetzt ganz weit weg“, sagte Lucic, „ich hoffe, da denkt jetzt niemand dran.“

Binnen von nur zwei Tagen haben sich die Realitäten in diesem Halbfinalduell grundlegend verändert. Da konnte den Bayern auch das prominente Maskottchen Maxi Kleber nicht helfen – der NBA-Profi hatte seinen Ex-Kollegen im Audi-Dome die Daumen gedrückt.

Wie sehr sich die Dinge nun veränderten, das konnte man auch an Bonns-Coach Tuomas Iisalo ablesen. „Wir haben jetzt ein fünftes Spiel, in dem Bayern allen Druck hat – wir können es genießen“, sagte der Finne, ehe er in den Münchner Abend entschwand.

Und damit hat Iisalo ja auch nicht ganz Unrecht. Die Bayern haben zwar wie üblich nur mit dem Halbfinale kalkuliert, doch Basketball-Chef Marko Pesic betonte zuletzt noch einmal, dass das Finale schon „unser Minimalziel ist.“ Ein vorzeitiges Aus gegen die Rheinländer, erst Recht nach der scheinbar so komfortablen 2:0-Führung, würde auch die feine Euroleague-Serie gegen den FC Barcelona in den Hintergrund rücken lassen. Es droht eine Saison mit leeren Händen – anders als im Vorjahr, aus der man noch den Pokal als Trostpflaster mitnahm. Wie tief die Enttäuschung war, das konnte man auch an Clubchef Herbert Hainer ablesen, der sich zum verhängnisvollen 80:83 am Mittwoch gar nicht erst äußern wollte.

Trainer Andrea Trinchieri indes hatte ja schon so seine Ahnung, wie der GAU in Bonn noch abzuwenden sein könnte. Vor allem bei Rebounds und in der Defensive müsse sein Team sich steigern im so wichtigen 80. Saison-Einsatz. Die Baskets hatten sich am Montag alleine zehn zweite Wurfchancen am Münchner Korb erarbeitet. Für Trinchieri vielleicht sogar der alles entscheidende Faktor in diesem merkwürdigen Spiel.

Doch Besserung dürfte nicht leicht werden gegen einen Gegner, der in München deutlich an Selbstbewusstsein gewann. Oder wie Tuomas Iisalo das ausdrückte: „Wir lernen von Spiel zu Spiel mehr über das Spiel der Bayern und finden unsere Wege“, sagte er. Und hatte dabei vor allem seinen Leitwolf mit dem sperrigen Namen Parker Jackson-Cartwright im Hinterkopf, der sich vor allem in den Schlussminuten am Montag einige Male seines – allerdings auch foulbelasteten – Dauerbegleiters Nick Weiler-Babb entledigen konnte. Den Dreier inklusive, mit dem er die Partie kurz vor Schluss letztlich entschied. „Er hat sich heute von allen Spielen der Serie am wohlsten gefühlt“, sagte Iisalo, „das ist natürlich sehr gut für uns.“

Die große Frage ist: Welche Rolle wird bei aller Bonner Euphorie der Faktor Nerven spielen? Ein fünftes Spiel auf diesem Niveau ist für den Großteil des Bonner Teams Neuland. Anders als für die überwiegend erfahreneren Bayern, die ja erst vor wenigen Wochen gegen den FC Barcelona in einem alles entscheidenden Playoff-Spiel standen. „Ich glaube, es wird am Mittwoch ein sehr sehr enges Spiel“, sagte Lucic, „und da könnte uns die Erfahrung aus solchen Situationen wie gegen Barcelona natürlich helfen.“

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