„In mir fließt noch eine Menge Löwenblut“

von Redaktion

Der VfB Oldenburg ist zurück im Profifußball – und Ex-Sechziger Wolfgang Sidka mittendrin

VON JACOB ALSCHNER

München – Als im Oldenburger Marschwegstadion am vergangenen Samstag nach 98 Minuten Spielzeit der Schlusspfiff ertönte, brachen alle Dämme. Die Zuschauer rannten aufs Spielfeld, das in Sekundenschnelle einem blau-weißen Flickenteppich glich. Der VfB Oldenburg war nach einem 1:2 (2:0 im Hinspiel) gegen den BFC Dynamo Berlin aus der Regionalliga Nord in die 3. Liga aufgestiegen und kehrte nach 25 Jahren in den Profifußball zurück. Mittendrin: Präsident Wolfgang Sidka.

„Ein wahnsinniges Gefühl“, beschreibt der Ex-Löwe (1980 bis 1982) im Gespräch mit unserer Zeitung das Geschehen im Nordwesten Niedersachsens, nachdem die Relegation gewonnen war. „Aber ich habe mich da rausgenommen. Zwei Stunden nach Abpfiff saß ich immer noch im Stadion und habe mich mehr nach innen gefreut.“

Das nimmt man dem Wahl-Berliner mit dezentem Hauptstadt-Singsang auch ab. Wenn man Sidka fragt, wie groß sein Anteil am Erfolg der Oldenburger ist, ist er bemüht, andere in den Fokus zu rücken: „Wissen Sie was? Ich habe gute Mitarbeiter. Ich bin einer von fünf Vorständen, dazu kommen sportliche Leitung und Geschäftsführung. Für mich als Präsident war es wichtig, dass alle im Verein gute Bedingungen haben und auch eine gute Stimmung herrscht.“ Die hat der VfB augenscheinlich genutzt, der Traum vom Aufstieg ist wahr geworden: „Man spürt ganz klar diese Drittliga-Euphorie in der Stadt. Wir mussten lange dafür kämpfen und wir haben nichts geschenkt bekommen. Das haben wir uns erarbeitet“, betont Sidka und weiß, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst anfängt.

Der VfB kann selbst keine drittligataugliche Arena vorweisen. Das Marschweg-Stadion – auf einer ehemaligen Mülldeponie erbaut und dessen Gästeblock quasi direkt unterhalb der Autobahn 28 liegt – verfügt weder über Rasenheizung noch über jegliche Art von Flutlicht. Nach 18.30 Uhr dürfen mit Rücksicht auf den Immissionsschutz keine Spiele angepfiffen werden. Um die Lizenz für die 3. Liga zu erlangen, musste der Verein dem DFB eine Ausweichspielstätte nennen, damit auch Partien bei winterlicher Witterung oder nach Dämmerungseinbruch ausgetragen werden konnten. Die Wahl fiel auf die Hannoveraner HDI-Arena, die auch der wieder abgestiegene TSV Havelse in der letzten Drittliga-Saison benutzte. Löwen-Fans werden sich erinnern: Der TSV 1860 gewann dort im November mit 3:2. Nun könnte es für alle Löwen-Fans erneut zur Reise nach Hannover kommen.

„Heimspiel“, das bedeutet für die VfB-Anhänger in der kommenden Saison also von Zeit zu Zeit eine Anreise von fast zwei Stunden auf der Autobahn. Sidka ist sich dieser bitteren Pille bewusst, die der Verein schlucken muss: „Ich denke, die Neugier wird viele ein-, zweimal nach Hannover ziehen. Aber dann hoffe ich, dass wir viel mehr Spiele dort nicht ausrichten müssen.“ Wahrscheinlich ist, dass der Club den DFB darum bitten wird, an regulären Spieltagen keine Freitags- oder Sonntags-Heimspiele austragen zu müssen.

Der Kader hat bisher Regionalliga-Niveau, auch der Etat der Oldenburger wird im Liga-Vergleich ein verschwindend kleiner sein. Heißt: Neuzugänge mit großem Geld zu locken, wird schwer. Sidkas Aufgabe: weitere Geldquellen auftun, weitere Sponsoren vom Einstieg beim VfB zu überzeugen. Ein beschwerlicher Weg in Richtung etablierter Drittligist, den der 68-Jährige jedoch gerne auf sich nimmt. Vielmehr überwiegt bei ihm die Vorfreude, auch gegen Ex-Clubs wie den MSV Duisburg oder den TSV 1860 antreten zu können: „Ich habe 1860 in den letzten Jahren immer verfolgt“, versichert er. „In mir fließt noch eine ganze Menge Löwenblut. Und meine Tochter wohnt auch in München. Deswegen bin ich regelmäßig dort.“

So freut sich der ehemalige Zehner (71 Spiele, 18 Tore für die Löwen) auf die Duelle mit Sechzig, ohne allerdings vermessen zu sein. Ob ein Sieg drin wäre im Grünwalder? „Haha, da muss ich lachen. Sechzig spielt um den Aufstieg, wir um den Klassenerhalt. Ich glaube, damit ist zum Thema Rollenverteilung alles gesagt. Sechzig wird der Favorit sein.“ Und damit eines noch erwähnt wäre: „Ich halte es immer mit den Vereinen, bei denen ich mal gespielt habe“, sagt Sidka. „Wenn 1860 aufsteigt, hätte ich da überhaupt nichts gegen. Im Gegenteil!“

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