Herzogenaurach/München – Es war am Ende halt wieder eine typische Marco-Reus-Geschichte. Die einer Hoffnung, die sich nicht erfüllte.
Er war für die vier Spiele der Nations League nominiert. Doch zum Treffpunkt in Herzogenaurach konnte er erst verspätet anreisen, am Sonntag, als das Spiel in Italien schon vorüber war. Wegen Infektionsfällen in der Familie und eigenen Symptomen ging es nicht eher. Für das Match gegen England war Reus dann noch keine Option. „Kommt ein, zwei Tage zu früh“, sagte Bundestrainer Hansi Flick. Am Tag nach dem 1:1 von München erlitt der 33-jährige Dortmunder im Training einen Muskelfaserriss im Oberschenkel – Folge: Abreise. Wieder mal.
Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff erinnert sich daran, wie Reus, damals noch Mönchengladbacher, 2010 erstmals eingeladen wurde – und absagen musste. Er bestritt bislang nur EM 2012 und WM 2018. Den WM-Titel 2014 verpasste er, weil es ihn am Abend vor dem Abflug im Test gegen Armenien zerlegte (Syndesmosebandriss). Vor der EM 2016 wurde er von Joachim Löw im Trainingslager im Tessin wegen multipler Angeschlagenheit aus dem Kader gestrichen – tatsächlich dauerte es ein halbes Jahr, ehe Reus wieder spielen konnte. Auf die EM 2021 verzichtete er von sich aus – um der absehbaren Überlastung vorzubeugen.
„Was ich an Pech hatte, kann ich nicht mehr aufholen“, sagte Marco Reus. Bezeichnend für seine Karriere: 2017 holte er mit Dortmund den DFB-Pokal, seinen ersten großen Titel – und riss sich dabei das Kreuzband.
Trotz der bekannten Fragilität des Offensivspielers: Er bleibt eine Option für die Weltmeisterschaft, darf mit einem Kaderplatz rechnen. „Er ist ein Ausnahmefußballer, kann in jedem Moment durch sein Dribbling, sein Spielverständnis, seine elegante Art der Mannschaft helfen. Die Qualität steht außer Zweifel“, sagt Oliver Bierhoff. Außerdem ein Plus von Reus: „Er ist ein leichtfüßiger Spieler, der auch mal eingewechselt werden kann.“ Aus einem regelmäßigen Spielbetrieb müsse er gar nicht kommen – Reus hat ja Routine darin, sich schnell wieder auf Touren zu bringen.
Von 990 Länderspielminuten seit Hansi Flicks Amtsübernahme hat Marco Reus 247 bestritten. Überschaubar, aber er erzielte zwei Tore. Ein Vermögen, das Flick gerne in der Hinterhand hat. gük