Zum Länderspiel vom Samstagabend bieten sich zwei Witzeleien an: Unter Hansi Flick trauen sich die deutschen Spieler endlich wieder, ins Eins-eins zu gehen. Und: Was waren das doch noch glückselige Zeiten unter Joachim Löw, schließlich wurden da noch Siege eingefahren (wenngleich ausschließlich gegen die Ukraine, was aus heutiger Sicht politisch nicht korrekt war).
Okay, wir haben eine Häufung von 1:1-Partien, vier sind es nun in Serie – das muss man analysieren. Was wollen uns diese 1:1 sagen?
Immerhin: Drei der vier unentschiedenen Spiele fanden auswärts statt. In Amsterdam, Bologna, Budapest, in Ländern, in denen man die Deutschen nicht sonderlich mag (in Italien zwar grundsätzlich schon, aber erstaunlicherweise gab es Pfiffe). Drei Auswärtsmatches nicht geschlagen zu werden, würde man in einem Ligabetrieb auch als Spitzenteam wohl annehmen. Dass jeweils nur ein Gegentor fällt, spricht für mehr Ordnung im deutschen Spiel als in den letzten Jogi-Jahren, die wilde Ballereien wie ein 3:3 gegen die Schweiz oder ein 0:6 in Spanien (Ballerei hier etwas einseitig) erlebten. Und noch eine Löw-Flick-Gegenüberstellung: 2021 war das 2:2 gegen Ungarn bei der EM eine rechte Zitterei mit Ausgleich in der 84. Minute – am Samstag jedoch: Endergebnis nach neun Minuten fixiert. Hansi Flick strapaziert die Nerven in seiner Solidität als Trainer und Mensch weitaus weniger als sein Vorgänger.
Die Deutschen mögen ihren Hansi, fühlen sich nach viermal 1:1 aber berufen, ihm Ratschläge für seine Personalauswahl zu erteilen. Die Nationalmannschaft brauche vorne einen, der sich nicht verkünstele wie Kai Havertz oder nur duracellhasenmäßig rumrenne wie Timo Werner, sondern festgemauert im Strafraum steht – einzige Aufgabe: Den Ball, den die anderen ihm auflegen, reinhauen. Auch wer den Zweitliga-Sniper Simon Terodde nie spielen sah, fordert nun seine Chance in der Nationalelf. Und entwickelt zudem nostalgische Gefühle für Mario Gomez, den man, nachdem er 2008 gegen Österreich übers Tor geschossen hatte, ein Jahrzehnt bei jedem DFB-Spiel auspfiff. Und sieht der olle Bierhoff nicht noch blendend fit aus? Der Stürmer, den sich jetzt alle ersehnen, muss groß, schwer, kantig und unbeweglich sein und das Trikot mit der 9 Konfektion 2XL haben.
Simon Terodde hat letzte Saison in 30 Spielen 30 Tore geschossen. Schnitt 1,00. Mit ihm könnte man sich viele 1:1 vorstellen.
Guenter.Klein@ovb.net