Auf dem Weg zurück zum „Reinschweißer“

von Redaktion

Seine beiden Tore gegen Italien waren für DFB-Stürmer Timo Werner wie eine Erlösung

Mönchengladbach – Timo Werner führte den Seitenhieb gegen seine vielen Kritiker mit einem Lächeln. Tore seien immer gut, sagte der Stürmer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach seiner Doppelpack-Erlösung gegen Italien: „Für mich doppelt und dreifach, wenn man nach jedem Spiel öffentlich angezählt wird.“ Dazu gab es an diesem Abend in Mönchengladbach freilich keinen Grund – Werner ging fröhlich auf die Ehrenrunde.

Ohnehin scheint die Bewertung des 26-Jährigen ein wenig schief zu hängen, weil er phasenweise so unglücklich agiert. Was dann auch auf die Körpersprache durchschlägt. So war es auch beim 5:2 (2:0) gegen Italien: Lange gelang ihm wenig, versandeten die Angriffe, vergab er gute Chancen, schoss er immer wieder Gegenspieler an – dann traf er zweimal.

Wunschlos glücklich ist er damit allerdings nicht. „Ich bin gerade nicht der, der ich schon mal war, der, der jeden Ball annimmt und reinschweißt“, sagte er anschließend in angenehmer Selbstkritik. Dabei hatte er seine Tore Nummer sieben und acht erzielt, seit Hansi Flick Bundestrainer wurde: Von den 13 Spielen hat er sogar noch zwei verpasst, und in einem spielte er nur 25 Minuten. Dazu zwei Vorlagen – das macht zehn Scorerpunkte in elf Spielen und einen alle 75 Einsatzminuten.

Die Wahrnehmung war zuletzt allerdings eine andere, was einer nun beendeten Vier-Spiele-Torflaute zuzuschreiben ist. Auch Flick hatte anscheinend den Eindruck, neben Leroy Sané ein zweites Sorgenkind aufpäppeln zu müssen: „Ich freue mich für Timo, dass er zwei Tore gemacht hat. Ich hoffe, das gibt ihm Sicherheit.“ Der Doppelpack war „eine schöne Sache“ (Flick), der zudem die Diskussion über die Absenz eines „echten Stürmers“ unterbindet. Timo Werner ist Flicks Angreifer Nummer eins, der Bundestrainer scheint einen technisch weniger brillanten Endverwerter einer falschen Neun wie beispielsweise Kai Havertz vorzuziehen. Es sei wichtig, dass die Spieler Vertrauen spüren.

Timo Werner bekommt dieses Vertrauen. Zumindest in der Nationalmannschaft. Dass er sich beim FC Chelsea unter Thomas Tuchel häufig hinten anstellen muss, ist ein Minus, das seinen WM-Stammplatz noch gefährden könnte. Er erzielte in der abgelaufenen Saison nur vier Tore in 21 Premier-League-Spielen, in denen er durchschnittlich 61 Minuten Einsatzzeit bekam.

Doch die Tore vom Dienstagabend geben Zuversicht. „Seine Laufwege, seine Intensität sind unfassbar gut“, lobte ZDF-Experte Per Mertesacker. „Hier ist hoffentlich ein Knoten geplatzt.“ Wieder zum gnadenlosen „Einschweißer“ zu wachsen, hat sich Werner jedenfalls fest vorgenommen. „Ich arbeite daran, dass das wieder so wird“, beteuerte er. „Man darf nicht aufgeben und muss immer weitermachen, dann wird das schon.“

Wenn nicht sofort, dann vielleicht zur Winter-WM in Katar? „Wenn die Topform im Oktober oder November kommen würde, würde sich sicher keiner beschweren.“ Die Kritiker wären jedenfalls stumm.  sid

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