„Die Hoffnung stirbt zuletzt“

von Redaktion

Uli Hoeneß über das Basketball-Finale in Berlin, die Saison – und glänzende Perspektiven

München – Spätestens mit dem 58:71 im zweiten Finale am Dienstag ist der Titel für die Basketballer des FC Bayern in weite Ferne gerückt. In Spiel drei steht das Team von Trainer Andrea Trinchieri an diesm Freitag (19 Uhr) bei Alba Berlin mit dem Rücken zur Wand. Ehrenpräsident Uli Hoeneß hat die Saison aber schon als Erfolg verbucht.

Herr Hoeneß, die Finalserie geht nun doch in eine sehr eindeutige Richtung. Sind Sie überrascht?

Ich weiß nicht. Man hat ja wirklich das Gefühl, dass unsere Spieler unter Aufbietung der letzten Kräfte spielen. Da ist nicht mehr viel im Tank. Es war halt schade, dass sie in Berlin am Ende eingebrochen sind. Und jetzt fehlt auch noch Vladimir Lucic. Hilliard, Walden und nun Lucic – drei Topspieler, das ist schon ein bisschen viel.

Hat der FC Bayern den Titel mit den fünf Spielen gegen Bonn verspielt?

In den beiden Heimspielen auf jeden Fall. Wenn wir, was ja jeder erwartet hat, das dritte Spiel am Samstag gewonnen hätten, dann wären das jetzt ganz andere Voraussetzungen. Ich war ja in Bonn dabei, dort haben sie überragend gespielt. Aber die lange Serie hat natürlich viel Kraft gekostet. Den Fluch des fünften Spiels spürt man jetzt. Und der Mannschaft fehlt jetzt ein bisschen die Führung. Nick Weiler-Babb hat das teilweise übernommen, aber er kann das nicht immer. Gerade Lucic fehlt da natürlich sehr.

Ist der Kader letztlich doch zu klein?

Mit Sicherheit. Im Moment ist das Gefälle in unserem Kader noch zu groß. Aber das ist auch ein wirtschaftliches Problem. Gerade jetzt, in der Pandemie, in der wir auch teilweise ohne Zuschauer spielen mussten. Einige Topvereine in Europa haben praktisch zwei gleichwertige Mannschaften. Das haben wir noch nicht drin. Aber das wird anders, wenn wir erst die neue Halle haben.

Europaweit war Deutschland das einzige Land, in dem in dieser Saison lange komplett ohne Zuschauer gespielt werden musste. Kein Vorteil.

Das mag schon sein. Aber für mich ist die Gesundheit alles das allerwichtigste. Das steht ganz oben, ob für die Spieler oder die Zuschauer. Es war absolut richtig, lieber vorsichtig zu sein. Auch wenn es finanziell nicht einfach war.

Johannes Voigtmann, der wegen des Ukraine-Kriegs auf dem Markt war, hätte sicher helfen können. Doch man konnte ihn sich nicht leisten. Tut das weh?

Ach, das Problem hat man ja im Fußball auch. Den Mbappé können wir auch nicht kaufen. Das muss man akzeptieren. Nein, du musst das allgemeine Level verbessern, das war in diesem Jahr zu unterschiedlich. Man muss auch mal ein Bundesligaspiel mit halber Kraft bestreiten können. Bei uns war das zu oft nicht möglich. Weil Spieler ausgefallen sind, unser Team hatte ja neben den Verletzungen auch gleich mehrere Covid-Ausbrüche. Aber auch, weil wir plötzlich hoch hinten lagen.

Ist das ein Spagat, der Berlin besser gelungen ist?

Ach, nein. Berlin ist Ordnung und wenn Berlin nun Meister wird, dann werden sie das auch zurecht. Aber ich habe überhaupt keine Bedenken, dass wir sie unter normalen Umständen nicht schlagen und Meister werden können. Man muss die schwere Situation jetzt annehmen und die richtigen Schlüsse ziehen. Es war ja auch so eine gute Saison für uns, finde ich. Das Ausscheiden im Pokal war etwas enttäuschend, dafür war die Euroleague mit der erneuten Playoff-Teilnahme für uns überragend.

Sie trieben Hauptrundenmeister Barcelona in ein fünftes Spiel…

… und ich weiß noch ganz genau, wo wir es verloren haben: Wir haben zur Halbzeit 37:31 geführt. Dann kriegt Vladimir Lucic einen freien Wurf, einen Dreier, aus ziemlich zentraler Position. Hätte er den getroffen, wären wir mit neun Punkten vorne gewesen und ich bin mir total sicher, dass wir dann gewonnen hätten; das habe ich damals auch zu meiner Frau gesagt. Aber so haben wir danach zehn Punkte in Folge kassiert und es wurde ein ganz anderes Spiel. Im Sport, gerade im Basketball, kann manchmal eine einzige Szene alles verändern.

Zum zweiten Mal in Folge waren Sie dicht an den Final-4. Was würde der Einzug ins Finalturnier für den Verein bedeuten?

Es wird auf jeden Fall in den nächsten Jahren unser Ziel sein. Das ist auf diesem Niveau nicht einfach. Aber mal sehen, die Russen werden vermutlich nicht so schnell zurückkehren, da kann man das sicher anpeilen. Das wollen wir schaffen, aber wir wollen auch deutscher Meister werden und im Pokal weiterkommen als in diesem Jahr.

Sie verbinden das stark mit der neuen Halle, die 2023 eröffnet werden soll.

Sicher. Ich mag den Audi Dome und seine Atmosphäre sehr und es ist schön, dass wir dort auch weiter spielen. Aber dann hast du eine Halle, die in vielerlei Hinsicht einzigartig ist, das kann ich Ihnen versprechen. Mit 12 000 Zuschauern, das wird auch für den ein oder anderen neuen Sponsor ganz sicher hochattraktiv. Dann hast du natürlich andere Möglichkeiten.

Sie werden dann nicht nur eine neue Halle sondern auch einen neuen Fernsehpartner haben. Bayern-Partner Telekom hat die Rechte verloren.

Das war ein Wettkampf, wie er in der Wirtschaft normal ist. Ich gebe zu, dass wir sehr dafür waren, die Zusammenarbeit mit der Telekom und MagentaSport fortzusetzen, die das hervorragend gemacht haben. Die Qualität war und ist überragend. Aber das Angebot von Herrn Seifert und Springer war offenbar besser. Immerhin habe ich gehört, dass sich die Telekom um die Euroleague-Rechte bemüht.

Sie haben einmal gesagt, der Basketball müsste im Boulevard präsenter sein um mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen. Könnte die neue Partnerschaft aus dieser Sicht hilfreich sein?

Naja, zumindest haben die neuen Anbieter stark damit geworben, dass sie Basketball auch im Print stark pushen werden. Ich sehe auch schon, dass die „Bild“-Zeitung schon mehr macht. Das kann uns natürlich nur recht sein.

Ein letzter Blick aufs Finale. Haben Sie den Titel komplett abgehakt?

Es wird natürlich extrem schwer jetzt. Aber sie wissen, ich bin ein Daueroptimist. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich bin gespannt, ob die Spieler es schaffen, trotz der Personalsorgen Kräfte zu mobilisieren. Wenn sie es schaffen, das dritte Spiel zu gewinnen, dann wäre wieder alles offen. Ich bin sehr gespannt.

Interview: Patrick Reichelt

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