München – Auf den Tennisplätzen üben Schüler ihren Aufschlag, im Schatten werden die ersten Cappuccinos des Tages genossen. Am Rothof in Bogenhausen wimmelt es auch am frühen Vormittag schon vor lauter sportbegeisterten Menschen.
Nur ein paar Schritte vom Restaurant entfernt schuften Giulia Deißenberger (21) und Tabea Schwarz (21) auf dem Beachvolleyballplatz für ihre Profikarriere. Die beiden sind Teil der „Perform Ready Beach Crew“. Es ist eine Gruppe, die sich zwar nie gesucht, aber glücklicherweise dann doch gefunden hat.
Giulia Deißenberger begann im Alter von sieben Jahren mit dem Volleyball, daheim in Bad Tölz. Mama Deißenberger war da das Vorbild, Papa Deißenberger sah in seiner Tochter eher eine Skifahrerin. In der Oberbayernauswahl lernte Deißenberger dann mit elf auch erstmals Tabea Schwarz kennen.
Doch die Wege trennten sich bald schon wieder. Deißenberger musste sich mit zwölf nach einer Knieverletzung erstmals operieren lassen, hatte keine Lust mehr auf die Halle und wollte nur noch im Sand spielen. Nach dem Abitur dachte sich Deißenberger „Jetzt oder nie“ und zog nach München. Zum Jurastudium, aber vor allem, um die Beachvolleyballkarriere voranzutreiben.
Schwarz spielte ab 2018 dank eines Vollstipendiums an der San José State University in Kalifornien. „Die Amerikaner lieben einfach ihren Collegesport, du bist dort der Star. Es ist eine ganz andere Welt. Die Professoren helfen einem mehr, man fühlt sich wertgeschätzt.“ Mit Beginn der Corona-Pandemie fiel das Stipendium dann aber ins Wasser. Schwarz rief ihren ehemaligen Bayernliga-Auswahltrainer an, berichtete, dass sie in München wieder Beachvolleyball spielen möchte: „Und auf einmal stand ich auf dem Rothof.“
Trainiert wird die „PR Beachcrew“ von Dr. Elena Kiesling, selbst jahrelang als Profi aktiv. Neben dem Duo Deißenberger/Schwarz gehört auch Marie Schieder zur Trainingsgruppe.
Als junges Team im Beachvolleyball muss man sich selbst organisieren. Der Verband wird schon seit Jahren für eine – milde ausgedrückt – ausbaufähige Nachwuchsarbeit kritisiert. Deißenberger und Schwarz sind schon länger aus der Förderung des Verbands rausgefallen. Das Alter spielt da eine Rolle – und vermutlich auch, dass die letzten Sichtungen einfach schon jahrelang her sind. „Das ist in unserem Verband alles ein bisschen wild“, sagt Deißenberger.
Ohne Förderung haben die Münchnerinnen auch keinen besonderen Status an der Uni. Für Deißenberger (Jura) und Schwarz (Lehramt Englisch und Sport) ist es ein Leben zwischen Rothof und Vorlesungssaal. „Das ist schon eine Belastung. Da bekommt man oft Schweißausbrüche“, sagt Schwarz. „Man muss lernen, dass man auf dem Platz nicht an die nächste Abgabe denkt. Und in der Uni nicht an ein verpatztes Training. Das kostet Nerven“, sagt Deißenberger.
Jeden Tag trainieren die Sportlerinnen zwei Stunden mit Ball. Hinzu kommen vier bis fünf Athletikeinheiten pro Woche und Physiotherapie nach Bedarf. Allein für Training und Platzmiete entstehen für die Gruppe schon Kosten, die „im Tausenderbereich“ pro Monat liegen. Der Rothof kommt den Talenten entgegen, mit den Physiotherapeuten Therapie.Welt München gibt es eine Kooperation. Auch bei den Sponsoren kommt immer mehr Schwung rein, Papa Deißenberger kümmert sich um die Akquise. Aktuell ist ihre Leidenschaft dadurch aber noch nicht refinanzierbar.
„Unsere Eltern sind unsere größten Unterstützer und Helden. Hätten wir sie nicht, wäre das alles gar nicht möglich“, sagt Schwarz. Schließlich entstehen ja auch Kosten für Reisen und Unterkünfte bei Turnieren. Beim Beachvolleyball gibt es verschiedene Turnierkategorien. Auf den höchsten bayerischen Turnieren können deutsche Punkte gesammelt werden. Aus den Punkten der Teams ergibt sich dann für jeden Wettbewerb eine eigene Zulassungsliste. Für junge Mannschaften heißt das: Jedes Wochenende ein Turnier mitnehmen, um sich dann irgendwann einen festen Platz für die Tour zu erspielen.
„Auf jeden Fall Top 30“, schätzen Deißenberger und Schwarz ihr Standing in Deutschland ein. Das Ziel für dieses Jahr ist eine Top16-Platzierung, die eine Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft am Timmendorfer Strand ermöglicht.
Gestern spielten Deißenberger/Schwarz bei der German Beachtour in München. Na klar, die Heldeneltern waren da und jede Menge Freunde. „Wir stecken so viel Herzblut rein. Es fühlt sich immer mehr nach Profi an“, sagt Schwarz. Ab Montag ruft dann wieder der Rothof. Und die Uni.