So schnell kann sich das Blatt wenden: Vor wenigen Monaten wurden die Bayern-Verantwortlichen noch heftig kritisiert. Die Vorwürfe: Mit den Vertragsverhandlungen mit verdienten Spielern würden sich die Münchner Macher zu lange Zeit lassen. Man würde Superstürmer Robert Lewandowski vergraulen, weil man sich – verständlicherweise – mit Erling Haaland als potenziellen jungen Nachfolger beschäftigt habe. Und sowieso, warum nehmen die Bosse nicht mal ordentlich Geld in die Hand, um neue Superstars zu holen, die den Verein wieder international an die Spitze hieven würden?
Nun haben wir Ende Juni. Und die meisten Kritiker sind verstummt. Weil die Bayern mit Thomas Müller und Manuel Neuer vorzeitig bis 2024 verlängern konnten. Weil sie mit Noussair Mazraoui die Rechtsverteidiger-Baustelle schließen konnten – ohne Ablöse zu bezahlen. Weil mit dessen Ex-Teamkollegen bei Ajax Amsterdam, Ryan Gravenberch, ein Mittelfeld-Zukunftsversprechen für relativ kleines Geld verpflichtet wurde. Und weil mit dem Transfer von Liverpool-Angreifer Sadio Mané künftig ein Hauch mehr Weltfußball in die Bundesliga einkehrt – zum adäquaten Preis von 32 Millionen Euro fester Ablöse. Zudem wurden ewige Talente wie beispielsweise Fiete Arp abgegeben und so Kaderplätze geschaffen.
Fakt ist: Sportvorstand Hasan Salihamidzic hat geliefert, federführend die operativen Aufgaben erledigt, die in enger Absprache mit Vorstandsboss Oliver Kahn festgelegt worden waren. Die Funktionsaufteilung hat also gut funktioniert. Dennoch würde den beiden Bossen künftig mehr Klartext-Aussagen à la Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge gut zu Gesicht stehen.
Neben der Vertragssituation von Serge Gnabry (Kontrakt bis 2023) gibt es noch eine wichtige Thematik zu lösen: die Zukunft von Lewandowski. Er will zum FC Barcelona, in dieser Woche wird ein 50-Millionen-Euro-Angebot der klammen Katalanen erwartet. Es ist verständlich, dass die Bayern öffentlich auf Erfüllung von Lewandowskis bis 2023 datierten Vertrag pochen. Aber natürlich hat sich die Chefetage auch mit einem vorzeitigen Abgang nach den knallharten Ich-will-weg-Aussagen des Polen beschäftigt. Wird neben Mané noch ein anderer finanzierbarer Stürmertyp mit Potenzial gefunden und trudelt ein Topangebot für Lewandowski ein, könnte man den Bossen wohl kaum ein Umdenken ihrer Haltung verübeln. Wie heißt es so schön: Im Fußballgeschäft kann man nichts ausschließen.
redaktion@ovb.net