München – Zu Hause in Eitting sitzt seine hochschwangere Frau, es kann jeden Moment losgehen, doch selbst in so einer angespannten Situation ist Stefan Lex, 32, für einen humorigen Spruch zu haben. „Jetzt haben wir so viele neue Spieler geholt – und Ihr wollt’s trotzdem mit mir reden“, sagt der 1860-Kapitän zu Beginn der Presserunde im Anschluss an das erste Mannschaftstraining am Samstagnachmittag.
Mit Blick auf den errechneten Geburtstermin seines zweiten Sohnes sagte Lex: „Gestern wäre Termin gewesen. Wir haben gehofft, dass es in der Pause passiert, waren deswegen extra nicht im Urlaub. In der Nachbetrachtung hätten wir vier Wochen wegfahren können.“
Aufgelockert wurde der „Urlaub dahoam“ durch die Flüsterpost, wenn 1860 mal wieder einen neuen Spieler verpflichtet hat, neun an der Zahl. Und dazu zwei Trainer. Die Apps auf seinem Handy hat der insta- und facebookkritische Lex gelöscht; dafür übernahm sein Umfeld den Part der Push-up-Dienste. Über all das nahm Lex ausführlich Stellung, ehe er mit der Mannschaft zum Testspiel nach Waldkirchen fuhr, das Handy im ständigen Babyalarm-Modus.
Lex über . . .
. . . den Neustart: „Die Vorfreude ist groß und auch der Ansporn, nachdem wir es letztes Jahr wieder knapp verpasst haben. Es ist das klare Ziel des Vereins und auch von uns als Mannschaft, diesmal von Anfang an vorne dabei zu sein. Jetzt gilt es, schnell zusammenzufinden – und die Neuzugänge zu integrieren.“
. . . seinen Eindruck von den neuen Spielern: „Wir kennen uns erst einen Tag, da müsste ich lügen, wenn ich jetzt schon mehr sagen würde. Wenn ich jetzt schon gemerkt hätte, dass einer ein Depp ist, dann müsste er schon ein richtiger Depp sein (lacht). Nein, am Anfang ist immer erst mal Abtasten angesagt – in ein paar Wochen kann ich sicher mehr sagen. Letztes Jahr war es ein Pfund von uns, dass wir uns gut verstanden haben – da müssen wir auch heuer wieder hinkommen. Klar ist auch Qualität wichtig, aber eine lange Saison in der 3. Liga kriegst du nur über mannschaftliche Geschlossenheit hin.“
. . . den neuen Fitnesscoach Jörg Mikoleit, 51, dem ein Schleifer-Image vorauseilt. „Ich hatte Miko viereinhalb Jahre in Ingolstadt. Als es im Raum stand, dass er kommt, hab ich ihm geschrieben und gefragt, ob das stimmt. Da hat er geantwortet: ,Ja, aber ich hoffe, du bleibst trotzdem im Verein!’ Er kann sich selber ganz gut einschätzen (lacht). Ich fand ihn immer sehr korrekt und fair, aber natürlich ist er bei den Spielern nicht der Beliebteste – weil er auch sehr fordernd ist. Gehört wahrscheinlich zum Job des Athletiktrainers dazu, dass man nicht von allen gemocht wird. Aber er hat einen langjährigen Erfahrungsschatz, der uns sicher weiterhelfen wird.“
. . . über seinen Entschluss, nach der Saison aufzuhören: „Ich hab gesagt: Ich will noch mal mit 1860 aufsteigen – und das können wir ja hinbekommen in der Saison. Ich gehe fest davon aus, dass es dabei bleibt, aber schauen wir mal, wie’s läuft. Im Fußball kann man nie zu 100 Prozent etwas ausschließen. Das Gute ist: Ich kann jetzt erst recht Vollgas geben und mich durchbeißen, weil ich weiß: Es ist die letzte Sommervorbereitung. Da kann ich es genießen und sagen: ,Das ziehst du jetzt noch einmal gescheit durch!’ Es ist ein positiver Ansporn.“
. . . über seine zurückliegende Saison mit sieben Toren und 17 Assists: „Ich glaube, die letzte Saison war ganz gut von mir. Klar: Ich setze mich schon häufig unter Druck – weil ich immer maximal performen will. Hätte ich vor dem Tor den einen oder anderen mehr gemacht, wäre ich natürlich nicht unglücklich. Andererseits: Wenn ich jedes Jahr 15 Tore schießen würde, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr hier.“
. . . Aufbruchstimmung: „Letztes Jahr war’s gut, dass nicht so viel gemacht wurde, denn da hatten wir einen starken Kern. Jetzt, nachdem wir zum zweiten Mal gescheitert sind, musste wahrscheinlich mehr Veränderung her. Wir haben zehn Neue, die wissen gar nicht, was letztes Jahr gelaufen ist – das ist schon mal ein ganz anderer Start.“
. . . …seine gelöschten Apps der Sozialen Medien: „Ich habe schon während des Endes der letzten Saison Facebook und Instagram gelöscht, zumindest die Apps am Handy, weil es mich nur noch genervt hat, wie die Fans über uns herziehen. Da dachte ich mir: Das bringt mich nicht weiter. Wie sich da auch abseits von Fußball die Leute als Influencer hinstellen, das ist brutal. Da habe ich irgendwann gesagt: Das ist verlorene Lebenszeit.“
. . . Sechzigs Schafkopfrunde: „Da hab’ ich leider Bedenken wenn ich sehe, wo unsere Neuzugänge herkommen. Albi Vrenezi wäre zwar ein Münchner, aber ob der schafkopfen kann, bezweifle ich trotzdem (lacht). Ich habe nur noch den Mäsch. Dem Hiller wollten wir es mal lernen, aber das war eine relativ kurzlebige Sache.“