Frankfurt/Main – Vor fünf Wochen stand Martin Hinteregger allein vor der Fankurve des Estadio Ramon Sanchez Pizjuan von Sevilla, die Fans feierten ihren Kultprofi mit seinem eigenen Song. Doch der Besteigung des Europa-League-Throns folgte ein Absturz in Rekordzeit – der nun ins Karriere-Ende mündete – eine Bruchlandung.
Mit seinem überraschenden Rücktritt zieht der Österreicher mit nur 29 Jahren die Konsequenzen aus den Geschäftsbeziehungen zu einem rechtspopulistischen Politiker. Er kommt damit wohl dem Rauswurf von Eintracht Frankfurt zuvor.
„In den vergangenen Wochen haben sich rund um meinen ‘Hinti-Cup’, den ich mit Herzblut und besten Gewissens ausgetragen habe, einige Themen ergeben, deren Tragweite mir erst im Nachhinein klar geworden ist“, ließ sich Hinteregger kleinlaut in der Pressemitteilung des Vereins zitieren. „Emotionale, vielleicht unbedachte Worte“ seinerseits hätten zu Irritationen geführt, für die er um Entschuldigung bitte.
Einen Zusammenhang zwischen dem Karriere-Ende und seinem jüngsten Skandal – nur einer von vielen – räumte er nicht ein. Vielmehr habe er seit „vergangenem Herbst erste Gedanken, nach der Saison aufzuhören“, erklärte der langjährige Abwehrboss: „Den Sieg in der Europa League habe ich so genossen, weil ich da schon wusste, dass es meine letzte große Siegesfeier sein würde.“
Hinteregger war schon immer der etwas andere Profi. Einer mit Ecken und Kanten, der nahezu kein Fettnäpfchen ausließ. Alkohol-Eskapaden, provozierte Klubwechsel, Ausplaudern von Interna oder Verharmlosung von Gewalt – und zuletzt die Organisation des „Hinti Cups“ mit dem Rechtspopulisten Heinrich Sickl. Anschließend sah er sich in der Opferrolle – die Kontakte zu Sickl hielt er aufrecht.
Am Mittwoch wurde Hinteregger samt Berater Christian Sand zum Rapport einbestellt, doch der am Pranger Stehende ging selbst in die Offensive – und die SGE entsprach seinem Wunsch.
„Martins Schritt verdient Respekt und Anerkennung“, sagte Sportvorstand Markus Krösche: „Nicht zuletzt aufgrund seiner aufrichtigen Entschuldigung für sein Verhalten in den zurückliegenden Tagen und Wochen und seiner deutlichen und glaubhaften Distanzierung von rechtem Gedankengut bleibt er in Frankfurt als verdienter Spieler und Europapokalsieger immer willkommen.“ Hinteregger stellte auch nochmals klar: „Rechtes, intolerantes und menschenverachtendes Gedankengut verurteile ich aufs Schärfste.“
Von den Fans wurde er über Jahre geliebt. Seine „Hinti Army“ widmete ihm einen eigenen Song, feierte jede gelungene Aktion mit Sprechchören. Sportlich avancierte Hinteregger nach durchwachsener Hinrunde zuletzt wieder zum Anführer; er verabschiedet sich mit dem größten Erfolg seiner Karriere. sid