Alles überstrahlende Fußballer?

Das Jahr der Eishockey-Spieler

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Kürzlich erhielten Deutschlands Sportjournalisten Post vom „kicker“. Traditionell lässt das Magazin abstimmen, wer Fußballspieler(in) und Trainer(in) des Jahres, in diesem Fall der Saison 2021/22, war. Gut, aus der Trainerbranche fallen einem einige Namen ein. Aber bei den Spielern? Den logischen Kandidaten gibt es nicht: Robert Lewandowski strahlte sportlich etwas weniger und gilt zumindest bei seinen bisherigen Fans („Ein Witz, wenn er nicht Weltfußballer wird“) als charakterlich gescheitert („Ein Witz, wenn so einer Weltfußballer wird“), Christopher Nkunku spielt bei einem Club, den keiner mag, Kai Havertz und Antonio Rüdiger haben diesmal nicht die Champions League gewonnen, Toni Kroos schon, aber der pampt Reporter an, die kritisch fragen; Ilkay Gündogan war Meisterheld in England, aber ist kein Stammspieler in der Nationalmannschaft – schwierig, das alles.

Der deutsche Fußball treibt also so dahin – und kann nicht mithalten mit dem deutschen Eishockey. Eigentlich muss jetzt, mitten im Sommer, schon klar sein: Wenn im November die Internationale Sport-Korrespondenz (isk) die Sportjournalisten aufruft, über die „Sportler des Jahres“ abzustimmen, werden Stars aus allen möglichen Disziplinen wenig ausrichten können gegen drei Eishockey-Spieler. Moritz Seider, der Verteidiger mit dem jungen arglosen Gesicht, der die gegnerischen Stürmer mit seinen Checks zerstört, ist in der NHL zum Aufsteiger des Jahres gewählt worden. Leon Draisaitl hat es mit einem schwachen Team, Edmonton, bis ins Halbfinale geschafft, dabei mit geheim gehaltenem Syndesmosebandriss gespielt und zwei Scorerpunkte pro Partie aufs Eis gezaubert. Und wahrscheinlich gewinnt Nico Sturm den Stanley Cup, ein braver Augsburger Bub, der eigentlich vor allem zum Studieren nach Amerika gegangen war, denn eine Karriere als Profi in Deutschland hatte er sich nicht zugetraut. Den schwäbischen Arbeiter muss man einfach mit einer Stimme belohnen.

Fünf männliche Sportler darf man wählen, es sind also nur noch zwei Plätze frei. Alexander Zverev kann verletzt nicht mehr groß aufschlagen, die Zehnkämpfer haben WM- und EM-Jahr und sind grundsätzlich malade, und Schwimmer Florian Wellbrock springt inflationär oft ins Wasser, weil sein Sport alles, was durch Corona ausfiel, nachholen will. Also: 2022 ganz klar ein Eishockey-Jahr.

Guenter.Klein@ovb.net

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