Nicht topfit, aber motiviert

von Redaktion

BMX-Freestyle-Fahrerin Lara Lessmann startet am Wochenende in München

VON THOMAS JENSEN

München – Lara Lessmann trägt eine Kette. Die fällt zwar in einem Videoanruf bei ihr nicht sofort auf, wegen des bunten Helms, den sie trägt – eigentlich trainiert Deutschlands beste BMX-Freestyle-Fahrerin gerade – doch dann bemerkt man das graue Schmuckstück, mit den fünf olympischen Ringen. Die trage sie seit den Spielen 2021 in Tokio, erklärt sie. Damals trat sie mit einem noch nicht verheilten Schlüsselbeinbruch an und wurde trotz der Beeinträchtigung Sechste.

Ein denkwürdiger Auftritt, der ihr ca. 20 000 Follower mehr in den Sozialen Medien gebracht hat, wie sie verrät. Auch am Wochenende in München wird die gebürtige Flensburgerin nicht topfit antreten. „An der Stimme merkt man es“, meint sie und auch Rippenschmerzen habe sie noch. Nach dem Weltcup vor drei Wochen in Frankreich hat sie Corona erwischt und sie für zwei Wochen ins Bett geschickt. „Ich war schon fitter im Leben, aber es passt alles, ich habe mich checken lassen“, gibt sie an.

Starten wird die 22-Jährige also beim Munich Mash, dem Extremsportsfestival im Olympiapark, das nach zwei Jahren Corona-Pause wieder stattfindet an Samstag und Sonntag. Dass sie sich zudem in guter Form präsentiert, ist trotz der Fitness-Rückstände nicht auszuschließen. Auch beim ersten Weltcup der Saison im Mai in Montpellier wurde sie Zweite, obwohl „sie das gar nicht so erwartet hat“, wie sie zugibt und anschließend erklärt: „So gut sind unsere Trainingsmöglichkeiten in Deutschland im Winter nicht.“ Für BMX-Freestyle gibt es keine Indoor-Anlagen, Lessmann hat daher vor allem an Fitness und Mentalität gearbeitet.

Um ihre Form aus dem Herbst zu konservieren, hat das gereicht – auch im November wurde sie Zweite bei der Europameisterschaft in Moskau und wiederholte damit ihren Erfolg von 2019. Der zweite Platz vom Weltcup in Montpellier war aber noch wegen etwas anderem besonders: Dort kam es bei der WM vergangenes Jahr zu dem verhängnisvollen Sturz, bei dem ihr Schlüsselbein brach. Ein Erfolg an diesem Ort ist wohl Traumabewältigung der besten Sorte oder wie sie es ausdrückt: „Da so stark zu fahren, das war schon richtig cool.“

Am Wochenende nun kommt es weniger auf das Ergebnis an. Beim Mash steht statt des Wettkampfs mehr der kulturelle Charakter des Sports im Fokus. Für die Wahlberlinerin steigert das die Vorfreude: „Ich lebe für BMX Freestyle als Leistungssportlerin, aber zu zeigen, dass diesen Lifestyle mehr ausmacht als nur Sport, das will ich mir auch in der Zukunft nie nehmen lassen.“

Sie ist eine von sechs Athletinnen, die sich in die sogenannte Miniramp-Landschaft neben dem Olympiasee stürzen. Es ist das erste Mal, dass Frauen auf dem BMX bei dem Event antreten und für Lessmann der erste BMX-Auftritt in München – aber nicht der einzige 2022. Im August folgt die EM, im Rahmen der European Championships. „Das ist schon das Highlight dieses Jahr“, meint sie. „Ich werde alles dafür tun, dort zu gewinnen oder zumindest auf dem Podium zu stehen“, sagt sie und ergänzt mit gleichem Enthusiasmus: „Es geht aber genauso darum, einem großen Publikum in Deutschland zu zeigen, was BMX für eine coole Sportart ist.“

Letzteres kann sie auch schon an diesem Wochenende, selbst wenn sie nicht ganz fit ist. Das sie das nicht aufhält, hat sie schon bewiesen.

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