Pogacar brilliert im Chaos

von Redaktion

Auf einer, von Stürzen überschatteten, Tour-Etappe setzt der Champion ein starkes Zeichen

Wallers – Frisch der Hölle des Nordens entkommen und in ein strahlend weißes Youngster-Trikot gekleidet winkte Tadej Pogacar den Fans zu. Sein Dauerrivale Primoz Roglic rollte frustriert und von einer Staubschicht besetzt zum Teambus. Auf einer brutalen und von Stürzen überschatteten Kopfsteinpflaster-Etappe der Tour de France hat Titelverteidiger Pogacar seinen Kontrahenten eine Lektion erteilt. Dem dritten Gesamtsieg ist der 23-Jährige ein Stück näher gekommen.

„Es war ein wirklich guter Tag für uns, auch wenn es sehr hart gewesen ist“, sagte Pogacar, der beim überraschenden Ausreißersieg des Australiers Simon Clarke nach einer taktischen Meisterleistung als bester Klassement-Fahrer Siebter wurde.

Nur 19 Sekunden fehlten dem 23-Jährigen, der weiter das weiße Jersey des besten Jungprofis trägt, zum Gelben Trikot – spätestens bei der ersten Bergankunft am Freitag wird er danach greifen. Gelb behauptete der belgische Topstar Wout van Aert mit einer wahnsinnigen Aufholjagd nach frühem Sturz und sorgte an einem schwarzen Tag für das Jumbo-Team für Schadensbegrenzung. „Ich habe mir weh getan, dann ist mir die Zuversicht abhanden gekommen. Dann war ich sehr für meine Teamkollegen gefordert“, sagte der gezeichnete van Aert, der mit 13 Sekunden Vorsprung auf den US-Amerikaner Neilson Powless in der Gesamtwertung führt: „Das war ein Kampf mit mir selbst.“

Jumbo-Topstar Primoz Roglic war mit 2:08 Rückstand auf Pogacar der Verlierer des Tages, auch er war gestürzt. Er kugelte sich dabei sogar die Schulter aus – und renkte sich den Arm selbst wieder ein. Der Österreicher Michael Gogl hatte weniger Glück. Der Profi vom Team Alpecin-Deceuninck fiel über das Raddes Schweizers Daniel Oss, der mit einem unachtsamen Zuschauer kollidiert war und zog sich einen Beckenbruch und einen Schlüsselbeinbruch zu. Aber auch allen anderen Herausforderern nahm der 23 Jahre alte Pogacar mit einer taktischen Meisterleistung auf unbekanntem Terrain – Paris-Roubaix hat er nie bestritten – Zeit ab. Dem dänischen Vorjahreszweiten Jonas Vingegaard – ebenfalls Jumbo-Visma – allerdings nur 13 Sekunden.

Die deutschen Hoffnungen auf einen großen Coup von John Degenkolb oder Nils Politt erfüllten sich hingegen nicht. Stattdessen glänzend Max Walscheid trotz eines spektakulären Überschlags in der Anfangsphase als Zwölfter und Max Schachmann auf Platz 13. „Es war extrem schnell schon durch die neutrale Phase, extrem hektisch, zahlreiche Stürze. Richtung erste Paves war es extrem schnell. Es war ein Ausscheidungsfahren nach hinten“, sagte Schachmann.

Degenkolb (22.) und Politt (41.), der grandios für seinen Bora-hansgrohe-Kapitän Alexander Wlassow rackerte, kamen in der gleichen Gruppe 1:04 Minuten hinter Clarke ins Ziel. Der Australier siegte aus einer sechsköpfigen Spitzengruppe um den dänischen Ausreißerkönig Magnus Cort heraus. „Im Winter war ich vertragslos, und jetzt das“, sagte der 35-Jährige.

Große Probleme hatte van Aert: Einen Tag nach seinem grandiosen Etappensieg von Calais geriet er in einem nervösen Rennen in Schwierigkeiten, als er nach rund 60 km an einer Verkehrsinsel stürzte und sich mit Schmerzen an der Schulter aufrappelte. Weil das Feld zu diesem Zeitpunkt schnell unterwegs war, musste van Aert eine Lücke von mehr als einem Kilometer zufahren.  sid

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