„Es ist Poppi!“ Schmelzer sorgt für Unterhaltung in der Sperrholz-Bude der ARD

von Redaktion

TV-KRITIK

Grüß Gott, liebe Lesenden! Die ARD hat gestern beim Spanien-Spiel ein Experiment gestartet: Kann auch ein Mann Frauenfußball kommentieren? Die Sorge war groß, dass der Versuch schiefgeht. Aber Bernd Schmelzer hat als Exot mit tiefer Stimme überzeugt.

– Das Gedöns: Das Fernsehen geht mit der EM eher schäbig um. Meist müssen zehn Minuten Vorberichte reichen – im Hilfs-TV per Internet-Stream. Nur wenn Deutschland dran ist, ist mehr los. Das ARD-Studio bleibt trotzdem eine winzige Sperrholz-Bude. Der Meister Eder würde sich schämen. So wenig Aufwand für sechs bis sieben Millionen Zuschauende betreibt ein Sender selten. Gut, dass Weltmeisterin Nia Künzer kompetent analysiert. Mia san Nia! Und Ex-Real-Kapitänin Babett Peter kannte die Schuhgrößen und die dritten Vornamen jeder Spanierin. Nachmachen, Schweini! Wobei: Weil Almuth Schult ja nicht spielt, könnte sie eigentlich analysieren. Sie wird vermisst, schluchz.

– Die Frauen: Beim EM-Schauen hat man bisweilen den Eindruck, dass es als Qualifikation fürs Kommentieren darauf ankommt, möglichst eine Frau zu sein. Sonst haben die Sender Angst vor politischer Unkorrektheit. Beim ZDF kreiert Claudia Neumann unermüdlich wunderliche Wörter. Und beim Ersten ist Top-Frau Stephanie Baczyk schwanger – schön für sie, schlecht für uns. Deshalb hat die ARD ersatzweise Christina Graf als Kommentatorin erfunden, die das solide macht, mehr aber auch nicht. Sie hatte vor der EM noch nie ein Turnierspiel kommentiert, wurde aber schon vorab als Gegen-Neumann für die Katar-WM nominiert. Da wünscht sich mancher Kollege zwei X-Chromosomen. Aktenzeichen XX gelöst.

– Der Mann: Obwohl es sich bei Bernd Schmelzer um einen Mann zu handeln scheint, hat man ihn ans Mikro gelassen. Er regte sich bei deutschen Chancen unterhaltsam auf: „Warum denn niiiiiiiiicht?“ Er feierte Alexandra Popp beim 2:0 enthusiastisch: „Es ist Poppi! Was hat diese junge Frau alles erleiden müssen in den vergangenen Jahren!“ Und er kommentierte mit den drei großen H, mit Herz, Hirn und Humor. Man hörte ihm gern zu. Und der Schmelzer darf sogar das EM-Finale übertragen, pardauz. Da ist die ARD offenbar doch überzeugt, dass Erfahrung und Souveränität nicht schaden. Ja warum denn nicht? JÖRG HEINRICH

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