München – Eigentlich wollte er nie Rugbytrainer werden, erinnert sich Umberto Re: „Als Spieler war ich jedes Wochenende unterwegs, es war schön, mal etwas Zeit zu haben.“ Doch nun, 13 Jahre nachdem der Italiener seine Karriere beendet hat, sitzt er an einem warmen Juliabend auf einer Bank in der Sportanlage Großhadern und spricht über die vergangene Saison mit dem München RFC – und den Aufstieg in die erste Bundesliga.
„Am Anfang hat niemand über uns gesprochen“, meint der 51-Jährige. Doch das Team „war überzeugt davon, was möglich ist“. Auch zwei Niederlagen in der Hinrunde, gegen den Rottweil und die StuSta München, den zweiten Münchner Verein in der Liga, hätten die Spieler nicht verunsichert. „Das gute Gefühl war immer da und auch das Aufstiegsziel. In der Rückrunde haben wir es besser gemacht.“ Kein Spiel gegen die sieben Konkurrenten in der Liga ging mehr verloren – bei drei traten die Gegner allerdings auch nicht an.
Ironischerweise wurde auch die letzte, entscheidende Partie in der Relegation abgesagt. Der Erstligist RC Luxemburg nahm die weite Reise Anfang des Monats nicht auf sich. „Erst waren wir stinksauer und konnten uns gar nicht freuen“, erzählt Re und schaut auf den Rasen neben der Bank. Es steht ein Schild darauf mit der Aufschrift „Platz gesperrt“. Er ergänzt: „Wir wollten einfach noch mal auf unserem Feld spielen und gewinnen.“
Die gute Laune sei erst zurückgekommen, als gefeiert wurde. Eine Party, von der Re lange geträumt hatte. Nicht erst seit Sommer 2020, als er Headcoach des MRFC wurde. Sondern schon seit 2012, als er ungeplant doch Trainer wurde. Nach München war er 2010 wegen des Berufs zusammen mit seiner Familie gezogen, er arbeitet bei einer Bank. „Ich war in Oberföhring und bin Laufen gegangen. Die Jungs von der StuSta haben da trainiert und mich gefragt ob ich sie coachen mag“, erläutert Re. „Bis dahin wusste ich nicht, dass ich das machen will, aber die Leidenschaft war sofort da.“
Bis 2019 trainierte er das Team, einmal schafften sie es sogar in die Relegation, scheiterten allerdings – in Luxemburg. „Wir hatten eine gute Zeit und viel Spaß“, resümiert Re und legt seine Gründe dar, warum er den Club trotzdem verlassen hat: „Ich wollte aufsteigen. Aber ich habe nicht die Unterstützung des ganzen Vereins gespürt.“
Verbunden fühlt er sich mit seinen ehemaligen Spielern immer noch, was auf Gegenseitigkeit beruht: „Nichts als Respekt für Umbe, er hat unserem Kern der Mannschaft das Spielen beigebracht“, sagt Simon Jung (29), aktueller Kapitän der StuSta und ergänzt: „Wir wünschen uns alle einen Münchner Verein in der ersten Liga. Ich bin gespannt, wie sie sich da oben schlagen.“
Was die größte Herausforderung kommende Saison wird, weiß Re: „Das Spieler in der Bundesliga sind körperlich stärker, die Jungs müssen Muskeln draufpacken.“ Zweimal trainiert die Mannschaft zusammen, die Arbeit am eigenen Körper erfolgt in Eigenverantwortung. Für die Spieler, bei denen niemand Geld bekommt, eine zeitliche Belastung. Profis gibt es beim MRFC nicht, in der Bundesliga werden sie immer wieder auf welche treffen. Der Trainer weiß, welche Zusatzbelastung das ist, aus eigener Erfahrung. Er selbst spielte in seiner Geburtsstadt Padua jahrelang in Italiens erster Liga, als Student und „Semiprofi“, wie er es bezeichnet: „Wir haben abends das nachgeholt, was die Profis vormittags schon gemacht haben.“
Daran, dass seine Spieler diese Leidenschaft haben, zweifelt er nicht. Während des Gesprächs auf der Bank kommen immer wieder welche vorbei. „Ciao“, oder „Hallo“ grüßen sie auf dem Weg zum Nebenplatz. Die kommende Saison startet im September, es ist Sommerpause. Training ist nicht, sie spielen einfach so. THOMAS JENSEN