München – Bereits zum fünften Mal reist der FC Bayern vom 18. bis 24. Juli in der Saisonvorbereitung in die USA. Die Vereinigten Staaten sind längst mehr als nur ein PR-Projekt: Keine andere Liga boomt weltweit aktuell so sehr wie die Major League Soccer (MLS). Während immer mehr Bundesliga-Profis den Sprung über den Atlantik wagen, gehen viele Rohdiamanten den anderen Weg. Eine Serie über den Aufschwung der MLS. Heute: Der Goldrausch.
Franz Beckenbauer hat es getan. Lothar Matthäus und Bastian Schweinsteiger ebenso. Die Karriere im fortgeschrittenen Alter in der MLS ausklingeln zu lassen, war und ist bis heute beliebt. Mag der Sprung über den Atlantik noch vor einigen Jahren exotisch gewesen sein, liegt ein Wechsel in die MLS heute voll im Trend – allerdings längst nicht mehr erst im Rentenalter. Die Fans freuen sich über immer mehr Top-Stars, die voll im Saft stehen. Allein im Sommer wechselten Gareth Bale (32) von Real Madrid zu Los Angeles FC, Lorenzo Insignie (31) von Neapel nach Toronto und Douglas Costa (31/ früher Bayern) von Juventus Turin zu Los Angeles Galaxy. Das Durchschnittsalter der Neuzugänge ist stetig gesunken: 2017 noch bei 25,6 Jahren, liegt es 2022 schon bei 24,6 Jahren.
Auch acht Deutsche spielen aktuell in der MLS. Einer davon ist Julian Gressel (28). Der Franke aus Neustadt/Aisch kickt seit 2013 in den USA. 2018 wurde er mit Atlanta Champion. „Man merkt den Boom. Über die vergangenen fünf bis sechs Jahre ist schon eine gewisse Goldgräberstimmung zu spüren“, sagt Gressel. „Die MLS wächst. Jeder will ein Teil dieser Liga sein.“
Die Anziehungskraft der MLS habe mehrere Gründe. „Es ist schon noch der größte Reiz, dass man seinem Beruf in Amerika nachgehen kann. Du hast Spiele in Los Angeles, New York oder Miami. Das Leben ist schön, man kann es sich so ruhig oder aufregend machen, wie man möchte“, sagt Gressel. „Dazu werden die Trainingsgelände, die Stadien immer größer und professioneller, das Interesse der Fans steigt. Das macht es noch attraktiver, ein Teil dieses Wachstums und dieser aufstrebenden Liga zu sein.“
Von 1996 bis heute ist die Liga von zehn auf 28 Teams gewachsen. Neuester Standort ist St. Louis. Sportdirektor dort ist mit Lutz Pfannenstiel ebenfalls ein Deutscher. Trainingsgelände, Stadion, Kader: Der Ex-Keeper baut den Club aus dem Nichts auf, holte dafür zuletzt fünf Profis aus der Bundesliga – zuletzt Eduard Löwen (25) aus Bochum. „Ein möglicher Wechsel nach Nordamerika war bei uns allen in der Kabine sehr häufig Thema“, erklärt Löwen. „Die MLS wird immer attraktiver. Sie ist keine Liga mehr, in der alle einfach nur ihre Karriere ausklingen lassen wollen. Dazu hat mich das sportliche Konzept von Lutz Pfannenstiel überzeugt. Ich wollte ein Teil davon sein.“
Auch der finanzielle Anreiz wird stetig größer. 2012 lag die Obergrenze für den Kader noch bei rund 2,6 Millionen Euro – bis 2027 werden es 6,9 Millionen sein. Das Maximalgehalt für einen Spieler liegt bei rund 600 000 Euro – kann aber mit der „Beckham-Rule“ umgangen werden. Sie erlaubt es den Clubs, bis zu drei Spieler zu verpflichten, die mehr als das Maximum verdienen dürfen. „Dadurch, dass das Gehaltsniveau steigt, kommen auch bessere Spieler. Die sportliche Qualität wird definitiv besser“, sagt Gressel. Von der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko erhofft man sich in den Vereinigten Staaten ebenfalls einen Booster.