Spektakel bei der Tour

Der Zweifel fährt immer mit

von Redaktion

VON NICO-MARIUS SCHMITZ

Es waren die spektakulären Bilder, auf die alle gewartet haben. Tausende Fans bilden einen Spalier beim legendären Aufstieg nach Alpe d´Huez und verschlucken die besten Radfahrer der Welt förmlich. Die Königsetappe der Tour de France lieferte ab. Überraschungssieger Thomas Pidcock, die sportliche Wiedergeburt des Chris Froome und natürlich der Zweikampf Pogacar/Vingegaard. Doch wie jedes Jahr stellt sich die Frage: Wie viel Betrug schwingt bei diesem Spektakel mit?

Eins vorneweg: Der Radsport begeistert immer noch. Das zeigt nicht zuletzt die ARD-Doku „Being Jan Ullrich“, die 2,4 Millionen Mal abgerufen wurde. Auch die diesjährige Tour lockt wieder ein Millionenpublikum vor den Fernseher. Die Radsportgemeinde hält ihrem Sport die Treue, trotz der unrühmlichen Vergangenheit – und Gegenwart?

„Bei uns wird immer direkt von Doping ausgegangen, während das in anderen Sportarten gar keine Rolle spielt“, klagte Maximilian Schachmann, Profi beim deutschen Team BORA-hansgrohe. Und natürlich, bei den Bildern, wie Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar bei Hitze die 21 Kehren nach Alpe d´Huez hochschießen, sogar noch Luft für Tempoverschärfungen haben, kommt automatisch der Gedanke auf: Das ist doch nicht menschlich. Ist es wirklich unfair den heutigen Radstars gegenüber, dass ihr Sport weiter kritisch und mit einer gewissen Distanz betrachtet wird? Oder doch einfach nur eine natürliche Schutzhaltung, um am Ende nicht doch wieder enttäuscht zu werden?

Noch immer herrscht bei vielen die Meinung, dass man die dreiwöchige „Höllentour“ ohne verbotene Substanzen nicht vorne abschließen kann. Lance Armstrong sagte, dass man die Tour ohne Doping nicht gewinnen kann. Und er sagte auch: „Wenn ich 15 Prozent Leistung gewinnen könnte, würde ich Benzin trinken.“

Jetzt gelten Ketone als neues Wundermittel. Verboten ist die Einnahme nicht, der Radsportweltverband UCI und die niederländische Anti-Doping-Behörde rieten jedoch von der Einnahme des Nahrungsergänzungsmittels ab. Jumbo-Visma, Team des aktuellen Gesamtführenden Vingegaard, ist das egal. Bis zur Grenze der Illegalität (und vermutlich auch darüber hinaus) wird alles versucht, um in Paris auf dem Podium zu stehen. Bei aller Begeisterung für die spannende Tour 2022: Der Zweifel wird immer mitfahren, verübeln kann man das niemandem.

nico-marius.schmitz@ovb.net

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