Geschke und das Bergtrikot Kämpfer im Rampenlicht

von Redaktion

PATRICK REICHELT

Pünktlich zum Start in die Pyrenäen hat Simon Geschke ja noch einen unsichtbaren Gegner bekommen. Das Corona-Virus hat auch sein Cofidis-Team erreicht. Seither fährt bei dem Berliner vielleicht nicht unbedingt die Angst, aber doch zumindest ein mulmiges Gefühl mit. Der Traum vom Trikot könnte auch buchstäblich über Nacht zu Ende gehen.

Wobei es zumindest für die Betrachtung von außen schon gar nicht mehr entscheidend ist, ob Simon Geschke das Textil mit den roten Punkten nach Paris bringt oder nicht. Schon dass der 36-Jährige sich in die Position gebracht hat, noch wenige Tage vor dem Tour-Finale ernsthaft über diese Option nachdenken zu dürfen, ist außergewöhnlich. Schon jetzt ist seine Geschichte eine der größten dieser 109. Tour de France. In den nächsten Tagen könnte er sie veredeln und als erster deutscher Gewinner des Punktetrikots in die Gesamthistorie des Traditions-Wettbewerbs eingehen.

Natürlich ist vieles auch günstig für Simon Geschke gelaufen, seit er am Ende der ersten Tourwoche die Spitze der Kletterwertung übernahm. Die Rundfahrt hatte seither keinen alles überstrahlenden Herrscher – sie war ein Fall für Ausreißer. Für die glücklichen wie zuletzt den Kanadier Hugo Houle, der in Foix mit dem Sieg für seinen toten Bruder die wohl emotionalste Geschichte dieser Rundfahrt lieferte. Aber auch für die unglücklichen, die unvollendeten wie Lennard Kämna, der mit viel Aufwand an Etappensiegen und sogar nur um Sekunden am gelben Trikot vorbeischrammte ehe ihn eine Erkältung ganz aus dem Rennen warf.

Aber Simon Geschke hat die Gunst der Stunde eben auch genutzt. Der Mann mit dem markanten Vollbart, der in seiner Karriere stets der Inbegriff des treuen Helfers war, hat zugegriffen, als sich ihm eingangs der Alpen die Chance bot. Und nicht nur das: Geschke hat sein Terrain mit Zähnen und Klauen verteidigt. Ob in Morzine oder Alpe d’ Huez, wo man die Stars der Szene ganz oben erwartet hatte. Und die Art, wie Geschke am Dienstag auf der ersten Pyrenäen-Etappe seine Führung sogar ausbaute, war eine Demonstration. Ein Statement – der Mann hat die Klasse, das Trikot auch ins Ziel zu bringen.

Wenn ihn am Ende nicht doch der unsichtbare Gegner vom Ziel abbringt.

patrick.reichelt@ovb.net

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