Entscheidung bei der Tour

Vingegaard ein echter Champion

von Redaktion

PATRICK REICHELT

Am letzten Berg hat der neue König der Tour de France noch einmal seine Klasse gezeigt. Mit entschlossenem Antritt versetzte Jonas Vingegaard den so viel höher eingeschätzten Tadej Pogacar noch einen letzten großen Schlag. Sicher, es sind noch ein paar Kilometer zu absolvieren bis zur großen Ehrung auf dem Champs-Élysées – darunter auch das lange Zeitfahren am Samstag. Doch angesichts von nun über drei Minuten Vorsprung auf den schärfsten Rivalen ist die Prognose nicht vermessen: Vingegaard wird diese 109. Tour gewinnen.

Was für ein Aufstieg, was für ein Triumph für den Dänen, der zwar durchaus als Mitfavorit aber eben eigentlich als Wasserträger zum Start in seine Hauptstadt Kopenhagen gereist war. Vingegaard sollte seinem Kapitän Primoz Roglic endlich zum Triumph über dessen jugendlichen Landsmann Tadej Pogacar verhelfen. Doch wie schon im Vorjahr knallte Roglic frühzeitig auf die Straße und musste den Stab an den jungen Kronprinzen aus Dänemark weiterreichen.

Und der zeigte schnell, wie sehr er sich in diesem vergangenen Jahr weiterentwickelt hat. Klar, auch damals hatte er es als Gesamt-Zweiter aufs Podium in Paris gebracht. Doch gegen Pogacar war er angesichts von 5.20 Minuten bis zuletzt chancenlos. Das hat sich entscheidend geändert. Vingegaard war nicht nur da, als sich Pogacar in den Alpen seine einzige Schwäche leistete. Der Mann aus Hillerslev im Norden des dänischen Festlands Jütland verteidigte sein Terrain auch in einer Souveränität, mit der er den, mit seiner Mannschaft aber auch schwer vom Corona-Pech gebeutelten, Champion aus Slowenien regelrecht entnervte. Mit dem Höhepunkt bei der finalen Bergetappe am Donnerstag als Vingegaard über weite Strecken nicht einmal aufstand, um das Stakkato der zwischenzeitlichen Angriffe des Rivalen zu parieren. Der junge Däne konnte sich auch getrost die faire Geste leisten, auf den Rivalen zu warten, als der nach einem Fahrfehler stürzte.

Das lässt natürlich all diejenigen hoffen, die eine totale Dominanz Pogacars in den nächsten Jahren befürchteten. Zumindest Vingegaard kann den Senkrechtstarter aus Slowenien schlagen und den Sieg für Dänemark einfahren. Das war bislang nur einem gelungen – Bjarne Riis 1996. Mit dem allerdings wird sich Vingegaard eher ungern vergleichen.

patrick.reichelt@ovb.net

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