Die Tour wird zum Jugendspektakel

von Redaktion

Die Sieganwärter der kommenden Jahre sind alle höchstens 25 – Neues Supertalent aus Belgien

Kopenhagen/Paris – Paris war nur ein Vorgeschmack auf Kopenhagen. Nach seinem Tour-Triumph wurde Jonas Vingegaard bereits auf den Champs-Élysées von zahlreichen Dänen mit Sprechchören gefeiert, am Mittwoch dürfte die Party eskalieren. Dann zeigt sich der schüchterne 25-Jährige auf dem Rathausbalkon von Kopenhagen – der gewaltige Platz davor wird zum Tollhaus werden.

Bereits am Montag strahlten die Titelseiten vieler dänischer Medien im kräftigen Gelb des Maillot Jaune. „Das war die schönste Tour de France aller Zeiten“, resümierte die Boulevardzeitung „B.T.“, auch Ministerpräsidentin Mette Frederiksen stimmte in die Euphorie mit ein. „Das war eine herausragende Tour für den dänischen Radsport -den ganzen Weg von Kopenhagen bis Paris.“

Dänemark 2022 fühlt sich an wie Dänemark 1996: Schon damals hatte mit Bjarne Riis ein Däne die Tour de France gewonnen, doch wie er Jahre später zugab, war er umfassend gedopt. All das scheint vergessen, jetzt wo Vingegaard als Triumphator nach Hause kommt. „Es war eine unglaubliche Reise. Das ist sehr groß für mich“, sagte Vingegaard, der selbstredend betonte, dass man an seine Leistungen glauben könne.

Der schmale Kerl aus Jütland hat sein Land in eine Ekstase versetzt, wie sie nach dem Doping-Geständnis von Riis undenkbar erschienen war. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Tour in der radverliebten dänischen Hauptstadt Kopenhagen ihren Anfang nahm, triumphiert der Junge aus der Fischfabrik über den als unschlagbar geltenden Tadej Pogacar.

Die Zeitung „Politiken“ stellte Vingegaards Triumph auf eine Stufe mit dem dänischen Sieg bei der Fußball-EM 1992 und den Erfolgen von Tennis-Queen Caroline Wozniacki. „Jyllands-Posten“ schrieb: „Die Tour de France war genau das, was wir in einer Zeit von Krieg und Krisen gebraucht haben. Ein Traum in Gelb und Rot-Weiß, und ein fantastischer Jonas Vingegaard als Tourminator.“

Einen Karriereplan hat er nicht erstellt. „Es ist nicht so, dass ich das Ziel habe, die Tour fünf Mal zu gewinnen. Ich will zurückkommen und versuchen, sie noch einmal zu gewinnen“, sagte der 25-Jährige. Dann wird er auf einen „sehr motivierten“ Tadej Pogacar (23) und weitere namhafte Konkurrenz treffen. Denn eine neue, junge Generation hat das Kommando übernommen. Der im Winter so schwer gestürzte Ex-Tourchampion Egan Bernal (25) dürfte wieder Ansprüche anmelden. Und dann wäre da noch das belgische Jahrhunderttalent Remco Evenepoel (22), das noch auf sein Tour-Debüt wartet. „Es wird interessant in den nächsten Jahren“, sagte Pogacar, und Manager Ralph Denk vom Bora-hansgrohe-Team ergänzte: „Die Spitzenmannschaften haben viel gelernt, wie man mit jungen Leuten umgeht.“

Beim Jugend-Spektakel soll auch ein Deutscher eine Rolle spielen. Lennard Kämna, 25, früherer Junioren-Weltmeister. Geht noch mehr als die Jagd auf Etappen? Denk: „Wir werden mit ihm besprechen, ob wir es mal wagen, bei einer Grand Tour auf Gesamtwertung zu fahren.“  dpa

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