Der DFB vor dem Halbfinale

Stark – auf und neben dem Platz

von Redaktion

MATHIAS MÜLLER

Nach dem Halbfinaleinzug musste Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg erst tief durchatmen, bis sich die Freude ihren Weg bahnen konnte. Das EM-Minimalziel war erreicht. Zudem konnte der aufkeimende Viertelfinalfluch – zuletzt war das DFB-Team zweimal bei großen Turnieren an dieser Stelle gescheitert – gebannt werden. Und man bestätigte die selbst so hochgesteckten Ziele, die der Mannschaft nach der WM-Quali-Niederlage gegen Serbien (2:3) im April nicht jeder zugetraut hatte.

Rückblickend kann man sagen: der Rückschlag kam zur richtigen Zeit. Seit der Partie in Stara Pazova hat Deutschland kein Gegentor mehr kassiert. Dem 7:0 im Vorab-Test gegen die Schweiz folgten vier EM-Siege (4:0, 2:0, 3:0, 2:0). Knotenlöser war Lina Magull mit ihrem frühen Tor beim Auftakt gegen Dänemark. Eigentlich sollte auf ihrer Position Dzsenifer Marozsán glänzen, doch der Topstar fehlt nach einem Kreuzbandriss. Und so sprang die Alleskönnerin vom FC Bayern in die Bresche und ist eines der vielen so erfrischenden deutschen Gesichter.

Gegen Frankreich ist man gefühlt leichter Favorit, auch der Titel scheint greifbar. Dafür sind neben der 27-jährigen Magull auch Youngsters wie Lena Oberdorf (20), Klara Bühl (21) und Giulia Gwinn (23) verantwortlich. Die Mischung in der Mannschaft stimmt. Auch für die Zeit nach Marina Hegering (32), Alexandra Popp (31) oder Svenja Huth (31) muss einem nicht bange sein.

Überhaupt Huth. Die flinke Außenstürmerin überzeugt nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz, wenn auch mehr notgedrungen. Im Juni heiratete Wirbelwind Huth ihre Freundin. Fotos davon sind auf ihrem Instagram-Profil zu sehen. Aus der deutschen Mannschaft und von den Kolleginnen aus Österreich oder Schweden erntete sie dafür viel Beifall und Glückwünsche.

Aber es gibt auch Menschen, die sie dafür wüst beschimpfen. Huth hat eine Auswahl der Kommentare, die derart kleingeistig, weltfremd und unter der Gürtellinie sind, dass wir sie nicht wiederholen wollen, selbst gepostet. Dass sie sich davon nicht unterkriegen lässt, ist ein starkes Zeichen und wichtiger als jedes Tor. Für die Gesellschaft hingegen ist es beschämend. Man stelle sich vor, welche Reaktionen erst ein männlicher Nationalspieler hervorrufen würde. Puuh. Durchatmen und weiter für Vielfalt, Selbstbestimmung und freies Leben einstehen.

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