Millionen für Teenie-Talente

Was ist ein Mensch wert?

von Redaktion

MATHIAS MÜLLER

Was ist ein Menschenleben wert und darf man es überhaupt beziffern? Zu einer allgemein gültigen Lösung ist die Gesellschaft in der Frage noch nicht gekommen. Geht man nach Immanuel Kant, dem Begründer des kategorischen Imperativs und der modernen Ethik, dann hat das Leben Würde und ist damit „über jeden Preis erhaben“. Der Ökonom Hannes Spengler sieht das anders, laut seinen Berechnungen von 2005 ist ein ganzes Menschenleben im Schnitt 1,65 Millionen Euro wert.

Der moderne Fußball hebelt selbst diese höchst diskutable Kalkulation völlig aus. Der noch minderjährige Franzose Mathys Tel beispielsweise ist mit seinen erst 17 Jahren nämlich schon 20 Millionen wert, vielleicht sogar 28,5 Millionen, wenn er sich so entwickelt, wie erhofft. Oder sagen wir so: zumindest hat der FC Bayern diesen Betrag jüngst an Stade Rennes überwiesen.

Das vermeintliche Juwel wollte man nicht verpassen. Vor einem Jahr hatte Real Madrid den 18-jährige Eduardo Camavinga ebenfalls aus Rennes verpflichtet. Für 40 Millionen, beziehungsweise 50 Millionen inklusive Boni. Bei Camavinga ging die Rechnung auf, er hatte zu dem Zeitpunkt immerhin 88 Pflichtspiele (zwei Tore, fünf Vorlagen) absolviert. Tel steht bisher erst bei rund 80 Spielminuten (!). Trotzdem bekam er von Julian Nagelsmann gleich mal den 40-Tore-Stempel aufgedrückt.

Die Münchner gehen also ins Risiko. Bei Alphonso Davies (10 Mio.) und Kingsley Coman (7 Mio. plus später weitere 21 Mio.) hat es sich ausgezahlt. Bei Renato Sanches (35 Mio.) und Breno (12 Mio.) nicht. Fest steht: die Zeiten, in denen Karl-Heinz Rummenigge mit seinem 11-Millionen-D-Mark-Transfer zu Inter Mailand den gesamten Club rettete, sind lange vorbei. Man muss tief in die Tasche greifen, wenn man international mithalten will. Scheinbar zumindest. Dem eigenen Nachwuchs des oft hochgelobten Campus vertraut man nicht genug.

Auf den jungen Menschen – ein 16-jähriges Barcelona-Talent ist auch im München-Anflug – lastet viel Druck, dem nicht alle standhalten. Aber wen interessiert das schon. Oder wissen Sie, wie es Ex-Stadelheim-Häftling Breno heute mit 32 Jahren geht?

mathias.mueller@ovb.net

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