„Die schreckliche, die fußballlose Zeit, sie ist um.“ Das war der Satz, mit dem Ernst Huberty den ersten Spieltag der Bundesliga einzuleiten pflegte. Heute dürfte der Großmeister der „Sportschau“ (übrigens 95 Jahre alt) das nicht sagen, denn Fußball war ja in den vergangenen Wochen durchaus geboten (EM der Frauen, viel beachtet und geachtet). Und überhaupt: Die Zeit mit weniger Fußball gehört eben anderen Sportarten, was nicht furchtbar ist, sondern fruchtbar. Sport ist bunt – gerade in Deutschland.
Zwar wird das Land belastet von einer Reihe missglückter oder schon im Keim erstickter Olympia-Bewerbungen, und wenn es um den Fußball geht, findet kein Volksaufstand zur Verhinderung einer EM oder WM statt – trotzdem stellt sich ein wesentlicher Teil der deutschen Sportfans gegen die Monokultur des Fußballs. Wenn das schlecht beleumundete Internationale Olympische Komitee nicht involviert ist, wird eine Veranstaltung nicht bekämpft, sondern warmherzig begrüßt. Deutschland ist schon seit Jahrzehnten ein exzellenter Veranstalter großer Sportereignisse: Die Leichtathletik-Weltmeisterschaften von Stuttgart (1993, vielleicht sogar die stimmungsvollsten jemals) und Berlin (2009), die Eishockey-WMs mit dem Zentralspielort Köln (2001, 10, 17), die verlässlich guten Biathlon-Events in Ruhpolding und Oberhof – die deutschen Fachverbände liefern regelmäßig exzellent ab. Bezeichnend auch, dass kleine Sportarten wie der Kanuslalom ihr Publikum finden können – in der richtigen Umgebung (Augsburg) und mit dem richtigen Konzept (Fannähe zulassen).
Die Deutschen sind auch vorne mit dabei beim Trend, einzelne Veranstaltungen zu bündeln. Sei es mit „Die Finals“ in Berlin, wo sich die Leute dann auch mal über eine Begegnung mit deutschem Kanupolo freuen oder mit dem größeren Format der European Championships, das 2018 in Berlin (mit Co-Ausrichter Glasgow) seine Premiere erlebte. Nächste Woche geht es in München mit den gesammelten EMs los – und die nostalgischen Gefühle für Olympia 1972, die gerade die Stadt durchdringen, schaffen eine Atmosphäre, in der die Championships zum Erfolg werden könnten.
Sie nehmen es, was ihren Zeitrahmen betrifft, sogar mit dem Fußball auf. Aber warum auch nicht? Fußball war schließlich schon den ganzen Sommer über.
Guenter.Klein@ovb.net