München – Mathys Tel (17) musste unter der Woche sein gesamtes Körpergewicht (77 Kilogramm) einsetzen, um „Abwehrmonster“ Matthijs de Ligt (23) zu bändigen. Der niederländische Neuzugang des FC Bayern hatte ein Brustgeschirr umgeschnallt, als er mit maximaler Beschleunigung seinen Körper (90 Kilogramm) in Bewegung setzte. Der junge Franzose hing dahinter in den Seilen, um die Belastung bei der Sprint-Übung für de Ligt zu steigern. Ein Bild mit Symbolcharakter. Denn auch im zweiten Bundesligaspiel der Saison am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg und Ex-Bayern-Trainer Niko Kovac (17.30 Uhr, DAZN), bleibt der designierte Abwehrchef – kam für 67 Millionen Euro von Juventus Turin nach München – voraussichtlich an der Leine.
„Ich gehe nicht davon aus, dass ich wechseln werde“, antwortete Trainer Julian Nagelsmann (35), als er zu Beginn der Pressekonferenz auf mögliche Änderungen in der Anfangsformation angesprochen wurde. Auch wenn Nagelsmann die Antwort allgemein formulierte, ursprünglich zielte die Frage auf einen Startelf-Einsatz de Ligts ab. „Wenn du etwas veränderst, gibt es zwei Gesichtspunkte: einmal leistungstechnisch und einmal die Belastung. Aus beiden Gesichtspunkten betrachtet brauchen wir nicht wechseln. Leistungsmäßig war es von der ersten Elf zweimal hintereinander sehr gut“, erklärte der Trainer. Darüber hinaus sei man auch belastungstechnisch noch in einer humanen Saisonphase. Zusammengefasst: „Es gibt keinen wirklichen Grund zu wechseln.“
Dass sich Königstransfer de Ligt weiterhin in Geduld üben muss, birgt freilich auch Diskussionspotenzial. Immerhin war es Nagelsmann, der sich nach dem Abgang von Niklas Süle (26) zu Borussia Dortmund und zusätzlich zu Dayot Upamecano (23), Lucas Hernandez (26) und Tanguy Nianzou (20) einen Innenverteidiger wünschte. Einen, der als Kommunikator voran geht. Und de Ligt scheint die Idealbesetzung für diese Stellenbeschreibung. Allerdings gibt’s am Abwehrduo Upamecano/Hernandez nach den ersten beiden Pflichtspielen nichts zu meckern. Im Gegenteil. „ Beide sind sehr konzentriert und machen keine leichten Fehler aktuell“, bestätigt Nagelsmann seine Zufriedenheit. Und das, obwohl sie laut ihres Trainers oft keine leichte Verteidigungssituation hätten, „weil wir oft Mann gegen Mann hinten spielen“. Das sei eben so, wenn man als Mannschaft mit hohem Risiko presse.
Vergangene Saison sah das häufig anders aus. Vor allem Upamecano leistete sich zu viele krasse Fehler, die zu Gegentoren führten. Von Souveränitat damals keine Spur. Gegen Frankfurt, betonte Nagelsmann, hätte es „Upa“ herausragend gut gemacht. Der Fußballlehrer hat mehrere Gründe für die Leistungssteigerung seines Schützlings ausgemacht: „Er versucht nicht immer, jeden ersten Ball gleich nach vorne zu spielen. Dann hat er auch eine gute Passqualität.“
Ein großes Plus sei außerdem, dass er im Vergleich zur letztjährigen Spielzeit sehr viel fitter sei: „Wenn wir die Läufe machen, wirkt es bei ihm recht spielerisch, ohne große Probleme. Er ist sehr weit und muss keinen Gedanken mehr daran verschwenden, ob er den Sprint jetzt 100 Prozent durchziehen kann oder nicht.“ So diszipliniert und motiviert de Ligt derzeit trainiert, wird auch sein Fitnesslevel bald bei 100 Prozent sein. Dann wird ihn Nagelsmann zeitnah von der Leine lassen (müssen).