Sieben auf einen Streich

von Redaktion

Bahnrad Deutsche Frauen gewinnen Gold in Verfolgung und Teamsprint

VON GÜNTER KLEIN

München – Das bloße Auge kam irgendwann nicht mehr mit bei diesem epischen Zweikampf, die 1500 Menschen, die in Halle C1 der Münchner Messe das Finale in der Bahnrad-Mannschaftsverfolgung beobachteten, richteten den Blick auf den Videowürfel, auf dem das grüne Licht die Dirigentschaft über die Stimmungslage übernahm. Auf wessen Seite es leuchtete, der lag vorne. Auf dem Höhepunkt der rauschenden Fahrt der beiden Frauen-Vierer über 4000 Meter wechselte die Führung hin und her. Mal Italien, mal Deutschland. Am Ende blieb Grün stehen für Mieke Kröger, Lisa Brennauer, Lisa Klein und Franziska Brausse. Zur Hälfte waren sie 1,4 Sekunden zurückgelegen, die Italienerinnen schlichen sich auf der kurzen 200-Meter-Bahn schon im Rückspiegel heran – dann kam der Gegenangriff, es ging in den Tausendstelbereich. Deutschland gewann mit 4:10,872 zu 4:11,571 Minuten. Der Olympiasieger, Weltrekordhalter (4:04,242 auf der längeren und mit Wunderholz, sibirischer Fichte, ausgelegter Bahn von Tokio) musste richtig schuften.

Gold, das erste deutsche bei den European Championships, dem umgehend das zweite folgte. Im Teamsprint mit drei Fahrerinnen über explosive drei Runden legten Lea Sophie Friedrich, Pauline Grabosch und Emma Hinze einen Schnitt von gut 57 km/h hin – damit man mal eine Vorstellung der Geschwindigkeit hat. Wie erhofft und auch erwartet: Gold Nummer zwei für die deutschen Frauen. Die Männer wurden in der Mannschaftsverfolgung Vierter, ebenso Roger Kluge im Punktefahren.

Frage: Merkt man, auf der Rennmaschine sitzend, wie genau es im Rennen steht? Franziska Brausse verriet, dass es ein deutliches Signal gegeben habe: „Unser Trainer hat nicht mehr gerufen, sondern geschrien.“ Angesichts der Lautstärke von Andre Korff wussten die vier Frauen, was angesagt war. Brausse: „Wir haben auf unseren starken letzten Kilometer vertraut.“ Diese Option hatte man dank der Vorarbeit der Kraftmaschine Mieke Kröger, die das Team einen kompletten Kilometer gezogen hatte. Lisa Klein sagte, so sei sie im Rennen geblieben, denn: „Ich war nicht so locker, bei mir hat’s geklemmt, weil ich nach einer Corona-Infektion weniger trainieren konnte.“

In die Freude mischte sich Wehmut, da es der letzte Auftritt mit Lisa Brennauer war. „Es war für mich ein ganz besonderer Abschluss. Es ist super emotional“, sagte Brennauer selbst. Die Mitfahrerinnen flochten ihr Kränze der Bewunderung. Lisa Klein: „Sie ist immer da, hat auf jede Frage eine Antwort.“ Außerhalb des Vierers geht es für Lisa Brennauer bei dieser EM ja noch weiter, sie hat Rennen auf der Bahn – „und wir fahren ja noch auf der Straße“. Mieke Kröger forderte für danach schon mal „einen Besuch im Biergarten, um Lisas Karriere gebührend zu feiern“. Die vier Verfolgungs-Frauen stellten sich zu einem Erinnerungsbild mit den drei Teamsprinterinnen auf. Sieben Golden Girls. Für Hinze, Grabosch und Friedrich war die Umstellung von der bei großen Meisterschaften gewohnten 250- auf die Münchner 200-Meter-Bahn herausfordernd. Denn im Sprint wird nicht eine bestimmte Distanz absolviert, sondern eine Zahl an Runden. „Das ist halt für jede von uns 150 Meter weniger“, sagte Lea Friedrich. „Aber wir hatten in jedem unserer drei Rennen die beste Zeit“, erklärte Hinze und freute sich über ein neues Kleidungsstück: „Nach den Streifen die Sterne.“ Die Welt- sind nun auch Europameisterinnen.

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