München – Nun geht sie also in die nächste Runde, die Handball-Bundesliga. Bob Hanning, Multifunktionär der Füchse Berlin, erwartet eine weitere knifflige aber hochspannende Saison.
Herr Hanning, die Perspektiven der Bundesliga scheinen gut – ein neuer Fernsehvertrag verspricht mehr Geld. Aber erst 2023. Was erwartet uns 2022?
Ich erwarte eine unfassbar spannende Bundesligasaison. Magdeburg wird nicht noch einmal so dominieren können. Es wird Angriffe von Kiel und Flensburg geben, aber Angriffe könnten auch von Melsungen und von uns kommen.
Macht die Magdeburger Vorsaison Mut?
Ich finde es extrem wichtig, dass die Schale nicht immer nur nach Kiel oder Flensburg geht. Wenn immer nur Bayern Meister wird, ist das doch unglaublich langweilig und tut auch nur Bayern gut und am Ende wahrscheinlich nicht mal ihnen. Magdeburg ist völlig zurecht Meister geworden. Sie haben den attraktivsten und besten Handball gespielt und sie haben das Glück gehabt, dass sie immer wieder auf Mannschaften getroffen sind, die Probleme hatten. Dann kannst du mal so dominieren.
Sie selbst haben ihr Team noch einmal aufgerüstet. Unter anderem mit dem begehrten dänischen Rückraumspieler Mathias Gidsel…
Ja, wir haben auf jeden Fall einige Probleme, die wir im Kader hatten, gelöst. Was Mathias betrifft – ihn habe ich gefragt, warum er eigentlich zu uns kommt. Das ist der begehrteste Spieler der Welt, da haben sich Vereine mit einem ganz anderen Preisniveau bemüht. Er meinte, bei uns war das Bemühen am größten. Was ein Kompliment ist, dass ich direkt an Kretsche weiterreichen kann (Sportdirektor Stefan Kretzschmar, d.Red.) Und er sagte, er will Titel gewinnen und dabei dazu beitragen, dass in einem Verein Großes passiert. In dem Moment wusste ich: Bei uns wird etwas passieren.
Das klingt, als wäre die Krise abgehakt.
Man muss sagen: ich war sicherlich nicht mit allem einverstanden, was die Politik in der Corona-Krise getan hat. Der Umgang mit den Kindern war desaströs, und dafür sollten die entsprechenden Leute zur Rechenschaft gezogen werden. Aber der Sport ist grundsätzlich sehr gut bedacht worden. Wer aus der Krise nicht unbeschadet rausgekommen ist, hat nicht sauber gewirtschaftet. Die Politik hat dafür gesorgt, dass die Leuchttürme erhalten bleiben. Was aber auch wichtig ist, weil das die Vorbilder für die Jugend sind.
Aber nun kommen andere Probleme…
… ja, wir haben uns im Export von China abhängig gemacht, in der Kriegsführung von den Amerikanern, beim Gas von den Russen. Gleichzeitig haben wir vergessen uns zu digitalisieren, weiterzuentwickeln und zu modernisieren. Ich denke auch da ist es jetzt am Sport, voranzugehen. Der Sport hat eine enorme Strahlkraft und erreicht mehr Leute als die Politik.
Wie könnte das in der Praxis aussehen?
Wir bei den Füchsen Berlin sind jetzt der erste klimaneutrale Handballverein der Welt. 650 Tonnen CO2 werden wir durch zertifizierte Projekte ausgleichen. Dazu kommen Maßnahmen wie die Umstellung des Fuhrparks, klimafreundlicheres Reisen mit der Bahn. Ich habe auch einen Vorstand für Nachhaltigkeit und Entwicklung eingestellt. Ich gebe zu, das war lange auch nicht mein Thema. Aber wir müssen einfach anfangen, uns dieser Aufgabe zu stellen, und das ist es, was wir jetzt tun.
Passender Zeitpunkt, angesichts einer aufziehenden Energiekrise.
Ja, genau. Wobei man natürlich ganz klar sagen muss, dass wir da noch mit vielen Herausforderungen konfrontiert werden. In vielen Bereichen explodieren die Kosten. Die Berufsgenossenschaft, die Energiekosten und die Personalkosten. Diesem Problem müssen wir uns stellen. Aber man muss das von einer anderen Seite sehen. Für einen Manager in der Bundesliga ist es doch letztlich egal, ob der Sprit zwei oder drei Euro pro Liter kostet. Aber für viele Leute ist das nicht egal. Menschen, die bislang viermal zum Handball gekommen sind, können jetzt vielleicht nur noch einmal kommen, weil sie ihr Geld zusammenhalten müssen. Aber auch da sind wir in der Verantwortung. Damit müssen wir richtig umgehen.
Interview: Patrick Reichelt